Halbleiter-Offensive der EU Mehr Chips "made in Europe"
Mit Milliarden Euro will sich die EU bei Computerchips unabhängiger von Asien machen. Davon könnte nicht nur die geplante Intel-Chipfabrik in Magdeburg profitieren.
Die EU will dafür sorgen, dass Europa in Sachen Computerchips unabhängiger von asiatischen Herstellern wird. Der "European Chips Act" soll den Ausbau der europäischen Mikrochipindustrie vorantreiben. Dafür wird ein 43 Milliarden Euro schweres Paket geschnürt, finanziert aus dem EU-Haushalt und der Privatwirtschaft. Das Europaparlament und die Mitgliedsstaaten müssen dem Vorhaben noch zustimmen, was allerdings als Formsache gilt.
Chips werden zum Beispiel für Autos, Haushaltsgeräte und Smartphones gebraucht. Schon länger gibt es aber Engpässe bei den Halbleitern, etwa in der Autoindustrie. Der Münchner Autohersteller BMW musste 2021 seine Produktion wegen des Mangels zwischenzeitlich unterbrechen. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) mahnte im Januar, dass wegen der Chipknappheit bis 2026 weltweit 20 Prozent weniger Fahrzeuge produziert werden könnten.
Verdopplung des Weltmarkt-Anteils
Die Chipproduktion ist ein riesiges Feld: Im Jahr 2022 wurden weltweit rund 573 Milliarden US-Dollar mit Halbleitern umgesetzt. Die meisten davon kommen aus Asien und Nordamerika. Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, den europäischen Anteil auf dem Weltmarkt für Chips bis 2030 auf zwanzig Prozent zu verdoppeln. Wenn es nach EU-Industriekommissar Breton geht, sollen die neuen Kapazitäten nicht nur den europäischen Bedarf decken, sondern auch in die übrige Welt exportiert werden.
Fabriken an mehreren deutschen Standorten geplant
In Deutschland könnte vor allem Sachsen-Anhalt von der Förderung durch das Chip-Gesetz profitieren, dementsprechend positiv haben Ministerpräsident Reiner Haseloff und Wirtschaftsminister Sven Schulze reagiert. Hintergrund sind Pläne, nach denen der US-Chiphersteller Intel in Magdeburg eine Fabrik bauen möchte. Ab 2027 sollen dort Chips der neuesten Generation hergestellt werden.
Die Bemühungen um Intel sind dementsprechend groß. Zuletzt berichtete die "Financial Times", dass die Bundesregierung von dem US-Konzern fordere, einen höheren Betrag in den Bau der Chipfabrik zu investieren - im Austausch für höhere Subventionen. Zuvor war bekannt geworden, dass Intel mehr Fördergelder für den Bau in Magdeburg verlangt. Als Grund wurden gestiegene Kosten für Energie, Logistik und höhere Baukosten genannt. Zudem sei der Bau einer solchen Fabrik nach Angaben von Intel in Deutschland teurer als etwa in Asien. Sollten sich Intel und Sachsen-Anhalt einig werden, wäre es die größte Auslandsinvestition in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg.
Auch der Chipkonzern Infineon möchte noch dieses Jahr mit dem Bau eines neuen Standorts in Dresden beginnen. Im Saarland will der US-Hersteller Wolfspeed eine der weltweit größten Siliziumkarbidchip-Fabriken bauen.
Investitionsrahmen zu gering?
Positive Reaktionen auf die EU-Einigung kommen auch vom Branchenverband Bitkom, nach denen das Gesetz überfällig sei und schnellstmöglich Wirkung entfalten müsse. Weiter heißt es, Europa sei vergleichsweise spät dran bei dem Thema.
Der Verband der Elektronikbranche ZVEI kritisiert nach Angaben auf der eigenen Webseite allerdings, dass die EU-Kommission bei der finanziellen Ausstattung bislang nahezu ausschließlich auf die Unterstützung durch die Mitgliedsstaaten setze. Die Benchmark für Europa solle vielmehr der "US Chips and Science Act" sein, der ein Volumen von 270 Milliarden US-Dollar umfasse.
Hoffnungen in "Silicon Saxony"
Auch in Sachsen blickt man gespannt auf die Zukunft mit Chip-Produktionsstandorten im Land. Neben den Bauplänen von Infineon in Dresden erhofft man sich dort einen weiteren Zuschlag, denn auch die Chipunternehmen TSMC aus Taiwan und Global Wafers suchen nach Standorten in Europa für Fabriken. Freude gibt es auch beim Branchennetzwerk "Silicon Saxony" in Dresden: So beweise Europa Handlungsfähigkeit und schaffe Investitions- und Planungssicherheit für Halbleiterunternehmen und deren Zulieferer.
Die Chips-Offensive ist verbunden mit großen Hoffnungen auf mehr internationale Wettbewerbsfähigkeit und die Schaffung zahlreicher Arbeitsplätze an den geplanten Produktionsstandorten. Wie sehr dieser europäische Vorstoß am Ende Wirkung entfalten wird, muss sich aber erst noch zeigen.