Cum-Ex-Geschäfte Staatsanwaltschaft fordert 190 Millionen Euro zurück
Die Staatsanwaltschaft Bonn hat die Warburg Bank und einen Aktienhändler im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften zur Rückzahlung von 190 Millionen Euro aufgefordert. Die Bank erklärte allerdings, die festgesetzten Steuern seien beglichen.
Im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften hat die Staatsanwaltschaft Bonn Zahlungsaufforderungen in Höhe von insgesamt rund 190 Millionen Euro an die Hamburger Warburg Bank und einen britischen Aktienhändler geschickt. Etwa 176,6 Millionen Euro davon entfallen auf die Privatbank. Justizsprecher Sebastian Buß sagte, es handele sich um die Umsetzung des ersten rechtskräftig gewordenen Urteils des Landgerichts Bonn in der Cum-Ex-Affäre.
Ein Sprecher der Warburg Bank teilte allerdings mit: "Mit den durch Warburg geleisteten Rückzahlungen an das Finanzamt in Hamburg (im Steuerverfahren) sind die wegen der sogenannten Cum-Ex-Aktiengeschäfte der Warburg Bank für die Jahre 2007 bis 2011 vom Finanzamt festgesetzten Steuern vollständig beglichen." Die Staatsanwaltschaft Bonn habe daher jetzt die Vollstreckung im Zuge des Einziehungsverfahrens ausgesetzt.
In dem im Juli 2021 vom Bundesgerichtshof (BGH) bestätigten Urteil war die Bank zur Rückzahlung von mehr als 176 Millionen Euro an die Staatskasse verpflichtet worden, der Aktienhändler zur Zahlung von 14 Millionen Euro, von denen er drei Millionen bereits hinterlegt hat. Bereits im April war die Warburg Bank mit einer Verfassungsbeschwerde gegen die Einziehung des Geldes vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert.
Cum-Ex-Geschäfte heißen so, weil große Pakete von Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch rund um den Stichtag für die Ausschüttung in rascher Folge hin- und hergeschoben wurden. Die bewusst undurchsichtigen Transaktionen hatten nur ein Ziel: bei den Finanzbehörden möglichst große Verwirrung stiften. Mit diesem Trick ließen sich die Beteiligten im großen Stil Kapitalertragssteuer erstatten, die nie gezahlt wurde. Die Gewinne wurden aufgeteilt. Möglich machte das eine Gesetzeslücke, die inzwischen geschlossen wurde. Bis dahin hatte das Cum-Ex-Geschäft geboomt - jahrelang.
Milliardenschaden für den Staat
Bei Cum-Ex-Geschäften nutzten Investoren eine Lücke im Gesetz, um den deutschen Staat über Jahre hinweg um Geld zu prellen. Rund um den Dividendenstichtag schoben mehrere Beteiligte Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Ausschüttungsanspruch hin und her. In der Folge erstatteten Finanzämter Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren.
Dem Staat entstand so ein Milliardenschaden. 2012 wurde das Steuerschlupfloch geschlossen. Mehrere Staatsanwaltschaften und Gerichte bundesweit ermitteln seit Jahren, um einen der größten Steuerskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte aufzuklären. Im vergangenen Jahr entschied der Bundesgerichtshof, dass Cum-Ex-Geschäfte eine Straftat waren.
Untersuchungsausschuss in Hamburg
Die Affäre um die Cum-Ex-Geschäfte der Warburg-Bank hat auch eine politische Komponente. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) war zwischen 2011 und 2018 Erster Bürgermeister in Hamburg, 2016 verzichtete die dortige Finanzbehörde auf eine Rückforderung von 47 Millionen Euro durch das Institut im Zusammenhang mit der Steuerpraxis. Die Hintergründe dieser Vorgänge in der Hansestadt versucht seit 2020 ein Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft aufzuklären.