Juli 2012 EZB senkt Leitzins auf Rekordtief
Die Euro-Staaten beschließen das Rettungspaket für Spaniens Banken in Höhe von bis zu 100 Milliarden Euro. Die Europäische Zentralbank senkt den Leitzins auf 0,75 Prozent - den niedrigsten Stand seit Einführung des Euro. Der Druck auf Deutschland wächst, zusätzlichen Rettungsmaßnahmen zuzustimmen.
01. Juli 2012: Die neue griechische Regierung will die Bedingungen des vereinbarten Rettungspakets nachverhandeln. Doch EZB-Direktoriumsmitglied Asmussen stellt klar, dass Athen die Ziele des Programms voll einhalten muss.
02. Juli 2012: Die Troika trifft auf Zypern ein. Die Regierung in Nikosia gibt parallel bekannt, die Popular Bank mit 1,8 Milliarden Euro zu stützen.
03. Juli 2012: Die Finanzagentur gibt bekannt, künftig keine Bundeswertpapiere mehr direkt an Privatkunden zu verkaufen und die direkt auf diese Anleger zugeschnittenen Finanzprodukte einzustellen. Die FMS Wertmanagement, die "Bad Bank" des verstaatlichten Immobilienfinanzierers HRE, verbucht im Jahr 2011 einen Verlust von zehn Milliarden Euro.
04. Juli 2012: In Rom treffen Bundeskanzlerin Merkel und Italiens Ministerpräsident Monti nach dem EU-Gipfel erstmals wieder aufeinander. Differenzen spielen beide herunter, beide betonen lieber ihre Gemeinsamkeiten in der Schuldenkrise.
05. Juli 2012: Die Europäische Zentralbank senkt den Leitzins auf einen historischen Tiefstand seit Einführung des Euro: von 1,0 auf 0,75 Prozent. Eine Gruppe von 160 deutschsprachigen Ökonomen um den ifo-Präsidenten Hans-Werner Sinn übt derweil öffentlich Kritik an den Beschlüssen des EU-Gipfels, insbesondere an der Bankenunion.
06. Juli 2012: Italiens Regierung beschließt ein weiteres Sparpropgramm, das Kürzungen von bis zu 26 Milliarden Euro bis Ende 2014 vorsieht. In einem Sondergutachten erklären die Wirtschaftsweisen, dass die Schuldenkrise den Euro in eine "systemische Krise" gestürzt habe.
07. Juli 2012: Der neue griechische Ministerpräsident Samaras kündigt in einer Regierungserklärung an, am Sparkurs des Landes festzuhalten.
09. Juli 2012: Am Ende einer Nachtsitzung spricht das griechische Parlament der Regierung des neuen griechischen Ministerpräsidenten Samaras das Vertrauen aus. Portugal strebt Nachverhandlungen seines Rettungspakets an. Dem Bund gelingt bei einer Auktion von Schatzanweisungen erneut das Kunststück, dass die Investoren Deutschland eine Prämie dafür zahlen, der Bundesrepublik Geld leihen zu dürfen. Die EU legt mit den Eigentümern der BayernLB den Streit um die Staatshilfen für die Landesbank bei und einigt sich auf den Umbau des Instituts. Die deutschen Exporte legen im Mai überraschend deutlich zu.
10. Juli 2012: In der Nacht einigen sich die Euro-Finanzminister auf Hilfen für Spanien; auch die EU-Finanzminister stimmen zu. Weitere Beschlüsse: Luxemburgs Premier Juncker bleibt vorerst Chef der Eurogruppe, EFSF-Chef Regling soll auch den ESM leiten. In Spanien werden dubiose Geschäfte einiger Banken bekannt. In Griechenland bringen laut Zentralbank Sparer ihr Geld wieder zurück auf die Sparkonten.
11. Juli 2012: Die spanische Regierung stellt das nächste Paket zur Haushaltssanierung vor. Die Internationale Arbeitsorganisation warnt vor einem drastischen Anstieg der Arbeitslosigkeit durch die Schuldenkrise. Sieben von 27 europäischen Großbanken schaffen laut Europäischer Bankenaufsicht die verschärften Kapitalanforderungen der EU nur mit Staatshilfe. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung empfiehlt zur Lösung der europäischen Schuldenkrise eine Zwangsabgabe für reiche Bundesbürger. Die Inflationsrate sinkt im Juni auf 1,7 Prozent.
12. Juli 2012: Der angeschlagene französische Autobauer PSA Peugeot-Citroën streicht in Frankreich 8000 Stellen. Im Kampf gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit soll Spanien Hilfe aus Deutschland erhalten.
13. Juli 2012: In China sinkt das Wachstum auf ein Dreijahrestief. Die Troika verliert laut Wirtschaftsminister Rösler langsam die Geduld mit der griechischen Regierung. In Griechenland erfasst die Finanznot immer mehr Bereiche - auch die Feuerwehr scheint nur noch bedingt einsatzbereit. Die Ratingagentur Moody's stuft Italien herab.
14. Juli 2012: Vor der Abstimmung über die Bankenhilfe für Spanien kommt es zu Irritationen über die Frage, wer wie lange für die Kredite haftet.
16. Juli 2012: Die Frage nach der Haftung für Bankenkredite an spanische Geldhäuser wird von Unionsfraktionschef Kauder eindeutig beantwortet. Mit Blick auf die Eurokrise warnt die aktuelle Prognose des IWF vor einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums. In Deutschland werden Pläne des angeschlagenen Kaufhauskonzerns Karstadt bekannt, 2000 Stellen zu streichen.
17. Juli 2012: Die Ratingagentur Moody's senkt die Kreditwürdigkeit von 13 italienischen Banken. Der europäische Rettungsfonds EFSF verdient beim Schuldenmachen erstmals Geld. EU und IWF verhandeln mit Ungarn über einen Milliardenkredit.
18. Juli 2012: Der Versandhändler Neckermann.de mit seinen bundesweit rund 2400 Arbeitsplätzen muss einen Insolvenzantrag stellen. Der IWF äußerst deutliche Kritik an der Politik der Eurozone und fordert weitere Reformen.
19. Juli 2012: Der Bundestag stimmt der Hilfe für Spaniens Banken in einer Sondersitzung zu. Hunderttausende Spanier demonstrieren gegen das Sparpaket ihrer Regierung.
20. Juli 2012: Die EZB akzeptiert vorerst keine griechischen Anleihen mehr als Sicherheiten bei ihren Refinanzierungsgeschäften.
22. Juli 2012: FDP-Chef und Bundeswirtschaftsminister Rösler äußert sich im Sommerinterview des ARD-"Bericht aus Berlin" skeptisch über den Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone. Ein Austritt habe aber auch seinen Schrecken verloren. Derweil erwägt der IWF laut einem Medienbericht einen Zahlungsstopp.
23. Juli 2012: Die Diskussion über die Zukunft Griechenlands geht weiter. Die EU-Kommission betont: Die Griechen behalten den Euro. Derweil gibt es bei Spaniens Anleihen Rekordwerte für Zinsen - und der Euro fällt auf ein Zwei-Jahres-Tief.
24. Juli 2012: Die US-Ratingagentur Moody's senkt die Bonitätsaussichten für Deutschland, die Niederlande und Luxemburg auf "negativ" - die Länder behalten allerdings ihre Topratings. Die Bundespolitik reagiert betont gelassen. Aus Griechenland und der Opposition kommt heftige Kritik an den Rösler-Äußerungen vom Wochenende, wonach ein Euro-Austritt des Landes seinen Schrecken verloren habe. Portugal erreicht unterdessen nach eigenen Angaben seine Sparziele.
25. Juli 2012: Eine Gruppe europäischer Top-Ökonomen sieht Europa auf eine wirtschaftliche Katastrophe unabsehbaren Ausmaßes zusteuern. Die Bundesregierung sieht dagegen keine Kollaps-Gefahr. Nach Berechnungen des ifo-Institus würde ein griechischer Staatsbankrott die deutschen Steuerzahler zwischen 80 und 90 Milliarden Euro kosten. Die Ratingagentur Moody's nimmt nun auch die Bonitätsnoten des EFSF und mehrerer Bundesländer ins Visier. Die EU-Kommission stimmt nachträglich den Krisenhilfen für NordLB und BayernLB zu.
26. Juli 2012: Moody's senkt den Ausblick für 17 deutsche Banken auf "negativ". Der GfK-Kosumklimaindex bleibt auf hohem Niveau. Griechenland versucht, mit einem neuen Sparpaket die Troika zu beeindrucken. In Italien ist die finanzielle Lage vor allem in Sizilien kritisch.
28. Juli 2012: Die US-Regierung senkt ihre Wachstumsprognosen auf 2,3 Prozent für das laufende Jahr und 2,7 Prozent für 2013. Medien berichten, die EZB wolle im Rahmen des EFSF spanische Staatsanleihen von Banken und anderen Investoren kaufen. Die Arbeitslosigkeit erreicht unterdessen in dem Land trotz Arbeitsmarktreform einen Höchststand.
29. Juli 2012: Die Debatte um die Euro-Rettung geht weiter. Kanzlerin Angela Merkel lässt nach einem Telefonat mit Italiens Ministerpräsident Mario Monti erklären: Beide Länder werden alles tun, "um die Eurozone zu schützen".
30. Juli 2012: Die Euro-Krisendiplomatie geht weiter: US-Finanzminister Geithner besucht Wolfgang Schäuble sogar auf dessen Urlaubsinsel Sylt, um über Lösungen zu beraten. Spanien rutscht derweil immer tiefer in die Rezession.
31. Juli 2012: Erneut wird über die Idee diskutiert, den Euro-Rettungsschirm mit einer Banklizenz auszustatten, damit er quasi unbegrenzt Staatsanleihen von Euro-Ländern aufkaufen könnte. Die Arbeitslosenzahlen in Deutschland steigen im Juli saisonbedingt leicht an, in der Eurozone erreichen sie eine weitere Höchstmarke.