September 2011 Ringen um den erweiterten Euro-Rettungsschirm
Europaweit läuft die Umsetzung der Beschlüsse der Euro-Sondergipfels zur Erweiterung des Euro-Rettungsschirms und des zweiten Griechenland-Rettungspakets. In Deutschland ist dabei die Mehrheit der Koalition für die Pläne ungewiss. Das Bundesverfassungsgericht billigt das erste Griechenland-Hilfspaket und den ursprünglichen Euro-Rettungsschirm. Die Schweiz koppelt den Schweizer Franken an den Euro, um die eigene Währung zu schwächen.
01. September 2011: Das griechische Parlament legt einen Bericht vor, wonach das Defizit 2011 voraussichtlich bei 8,8 Prozent liegen wird. Im Streit um das Mitbestimmungsrecht des Bundestags bei Maßnahmen des erweiterten Euro-Rettungsschirms legt die Unionsfraktion ein abgestuftes Konzept vor. Das deutsche Staatsdefizit sinkt dagegen im ersten Halbjahr 2011 auf 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
02. September 2011: Die Prüfungskommission von EU-Kommission, EZB und IWF kritisiert die schleppenden Fortschritte bei der griechischen Sanierung des Haushalts und reist vorzeitig aus Athen ab. Das spanische Parlament beschließt die Einführung einer Schuldenbremse. Die EU gibt die Auszahlung der nächsten Kredittranchen aus den Hilfsprogrammen für Irland und Portugal frei.
03. September 2011: Die Ratingagentur Standard & Poor's droht damit, die viel diskutierten Eurobonds je nach Haftungsregelung mit der Bonität des schwächsten Euro-Landes zu bewerten - und damit auf dem Ramschniveau Griechenlands.
05. September 2011: Der deutsche Aktienindex DAX setzt seine Talfahrt fort und schließt auf einem neuen Jahrestief.
06. September 2011: Bei einer Probeabstimmung in den Koalitonsfraktionen kommt die notwendige Kanzlermehrheit für Erweiterung des Euro-Rettungsschirms nicht zustande. Dennoch zeigt sich die Spitze der Unionfraktion zuversichtlich, dass die internen Gegner der Pläne bis zur Abstimmung im Bundestag Ende September auf die Linie von Kanzlerin Merkel einschwenken. Um die eigene Landeswährung zu schwächen und der heimischen Exportwirtschaft zu helfen, kündigt die Schweizerische Nationalbank eine Kopplung des Franken an den Euro an. Demnach soll ein Euro künftig mindestens 1,20 Franken kosten. Um diesen Mindestkurs durchzusetzen, will die Notenbank notfalls unbegrenzt Devisen kaufen.
07. September 2011: Das Bundesverfassungsgericht erklärt die deutsche Beteiligung am ersten Griechenland-Rettungspaket und dem ursprünglichen Euro-Rettungsschirm für verfassungskonform. Jeder einzelnen Hilfszusage müsse aber der Haushaltsausschuss des Bundestages künftig zustimmen. Die französische Nationalversammlung stimmt der Erweiterung des Euro-Rettungsschirms zu.
08. September 2011: Der Bundestag berät in erster Lesung über die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms. Der schwedische Autohersteller Saab steht nach der gerichtlichen Ablehnung des Antrags auf Gläubigerschutz kurz vor dem endgültigen Aus.
12. September 2011: Wirtschaftsminister Rösler schließt eine geordnete Insolvenz Griechenlands zur Rettung des Euro nicht mehr aus - und löst damit eine heftige Diskussion aus. Die britischen Banken sollen nach Empfehlung einer Regierungskommission ihr Investmentgeschäft abspalten. Französische Institute versuchen, durch freiwillige Umstrukturierungen die Herabstufung durch die Ratingagenturen zu vermeiden. Die Bank of America kündigt an, dass sie rund 30.000 Stellen abbauen wird.
13. September 2011: Die griechische Regierung kündigt Massenentlassungen in Staatsunternehmen an, um das Staatsdefizit zu senken. Bundeskanzlerin Merkel geht auf Distanz zu Wirtschaftsminister Rösler und warnt vor der Debatte über eine Staatsinsolvenz Griechenlands. Italien bestätigt Gespräche mit dem chinesischen Staatsfonds CIC, bei denen es offenbar um den Ankauf italienischer Staatsanleihen in großem Stil ging.
14. September 2011: Der Streit in der Bundesregierung über die Griechenland-Hilfen geht weiter. China will Europa und den USA in der Krise mit neuen Investitionen zu Hilfe kommen - allerdings nicht ganz uneigennützig. Die Ratingagentur Moody's stuft die Bonität der französischen Banken Crédit Agricole und Société Générale herunter. EU-Kommissionspräsident Barroso plädiert erneut für die Einführung von Eurobonds. Das Sparpaket der italienischen Regierung passiert das Parlament.
15. September 2011: Die Weltbank kritisiert Umgang der Euro-Staaten mit der Schuldenkrise. Die EU-Kommission erwartet in der zweiten Jahreshälfte nur noch wenig Wachstum. Aus Brüsseler Fördertöpfen stehen Griechenland bis 2013 rund 14 Milliarden Euro zur Verfügung - eine EU-Taskforce hilft, das Geld zu verteilen.
16. September 2011: Die EU-Finanzminister beraten in Breslau über die Schuldenkrise. US-Finanzminister Geithner ist erstmals dabei - und blitzte mit seinen Ratschlägen ab. Zudem einigten sich die EU-Finanzminister auf eine Verschärfung des Stabilitätspakts.
17. September 2011: Deutschland, Frankreich und Belgien drängen auf die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Die deutschen Steuerzahler haftet nach Berechnungen des ifo-Instituts für die Euro-Rettung mit im Extremfall bis zu 465 Milliarden Euro. Bundesfinanzminister Schäuble warnt Griechenland davor, die Drohung eines Zahlungsstopps nicht ernst zu nehmen. Wegen der Schuldenkrise sagt der griechische Ministerpräsident Papandreou überraschend eine Reise in die USA ab.
19. September 2011: Der IWF erhöht noch einmal den Druck auf Griechenland und verlangt einschneidende Reformen. Athen kündigt noch striktere Sparmaßnahmen an - und erreicht die Bevölkerung nicht mehr. Eine Studie zeigt, dass trotz des Konjunkturaufschwungs die Reallöhne in Deutschland 2010 kaum gestiegen sind.
20. September 2011: Die Agentur Standard & Poor's stuft die Kreditwürdigkeit von Italien herunter. Der Internationale Währungsfonds warnt Europa und die USA vor einer Abkühlung der Weltwirtschaft. EU-Währungskommissar Almunia befürchtet, dass europäische Banken weiteres frisches Kapital benötigen. Die Troika kündigt an, nach Griechenland zurückzukehren.
21. September 2011: Der Haushaltsausschuss des Bundestags billigt den Euro-Rettungsschirm. Griechenland beugt sich dem internationalen Druck und verkündet ein weiteres Sparpaket. Ratingagenturen bewerten die Bonität mehrerer Banken in Italien und den USA schlechter.
22. September 2011: Italien senkt seine Konjunkturprognosen. Treffen in Zeiten des Krisenmanagements: IWF und Weltbank beginnen ihre Herbsttagung.
23. September 2011: Die Ratingagentur Moody's senkt die Bonitätsrate von acht griechischen Banken - und von Slowenien. Der Bundesrat fordert Mitspracherechte bei der Euro-Rettung.
24. September 2011: IWF-Generaldirektorin Lagarde warnt vor einem Rückfall der Weltwirtschaft in die Rezession. Sie sieht Deutschland offenbar in einer Schlüsselrolle bei der Bewältigung der Probleme. EZB-Präsident Trichet sieht Europa nicht nur als Opfer, sondern auch als Auslöser der Finanzkrise. Auf der IWF-Herbsttagung sagt er, die aktuelle Situation sei noch prekärer als beim Lehman-Zusammenbruch 2008. Bundesfinanzminister Schäuble schließt einen früheren Start des permanenten Euro-Rettungsschirms ESM nicht aus.
25. September 2011: Bundeskanzlerin Merkel fordert in der ARD härtere Strafen für Schuldensünder.
26. September 2011: Die Koalition streitet weiter über die EFSF-Erweiterung. Kanzlerin Merkel fordert mehr Eingriffsrechte der EU in die Haushalte von Schuldensündern.
27. September 2011: US-Präsident Obama wirft EU-Staaten Zögerlichkeit bei der Krisenbekämpfung vor. Die Troika kehrt in diesen Tagen nach Griechenland zurück. Eine Kanzlermehrheit bei der EFSF-Abstimmung ist nach wie vor unsicher. Die Verbraucherstimmung in Deutschland bleibt stabil - trotz Rezessionsängsten. Der Bundesgerichtshof weist Schadensersatzklagen von Anlegern der insolventen US-Bank Lehman Brothers ab. Die Anleger hatten geltend gemacht, sie seien falsch beraten worden.
28. September 2011: In Griechenland gibt es Proteste gegen eine neue Immobiliensteuer, es kommt zu Ausschreitungen. Die EU-Kommission schlägt eine Finanztransaktionssteuer für Europa vor. Das EU-Parlament verabschiedet die Verschärfung des Euro-Stabilitätspaktes, den so genannten Sixpack. Die Inflation ist in Deutschland so hoch wie seit drei Jahren nicht mehr.
29. September 2011: Mit der Verschärfung des Stabilitätspakts könnte auch Deutschland ins Visier der EU-Kommission geraten. Die Zahl der Arbeitslosen ist im September deutlich zurückgegangen. Der Bundestag billigt die Ausweitung des Euro-Rettungsschirmes EFSF, Union und FDP erreichen bei der Abstimmung die politisch wichtige Kanzlermehrheit.
30. September 2011: Die Ratingagenturen Standard & Poor's und Fitch senken die Bonität Neuseelands. Auch der Bundesrat billigt die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms EFSF. Die Inflation in der Euro-Zone erreicht im September drei Prozent und liegt damit auf dem höchsten Stand seit fast drei Jahren.