Chinas Produktion übersteigt die Nachfrage Was die Welt nicht braucht
Chinas Wirtschaft boom seit Jahren - und schießt dabei über das Ziel hinaus. Die Fabriken produzieren mehr als gebraucht wird. Niemand im Land und weltweit will all das kaufen. Eine Studie der Europäischen Handelskammer zeigt auf, welche dramatischen Folgen das hat.
Von Petra Aldenrath, ARD-Hörfunkstudio Peking
Die chinesische Wirtschaft boomt seit Jahren und produziert vor allem in den letzten Jahren dabei viel mehr als nötig ist. Egal ob es um Chemieprodukte, um Textilien, um Papier oder Stahl geht: China sitzt auf Produktbergen, wie eine Studie der Europäischen Handelskammer in Peking zeigt.
Deren Präsident Jörg Wuttke erklärt, wie es zu der Überproduktion kommen konnte: "Man ist von einer sehr starken Urbanisierung ausgegangen - was auch gerechtfertigt ist, aber überoptimistisch ausgelegt wurde. Zum Beispiel die Provinz Hebei: Dort gibt es über 200 Stahlfabriken. Und dann bricht der Markt ein." Weder in China noch global finde sich jetzt noch ein Abnehmer.
China sitzt auf Produktbergen
Mit Beginn der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise nahm die Nachfrage nach chinesischen Produkten aus dem Ausland ab. China blieb auf seinen Überkapazitäten sitzen. Wuttke sieht darin einen Grund für zunehmende Handelsstreitigkeiten.
Zum einen bleiben Chinas Firmen also auf ihren Waren sitzen, da die Nachfrage aus dem Ausland stark abgenommen hat. Zum anderen kauft die chinesische Bevölkerung aber auch viel zu wenig selber ein. Der Anteil des Privatkonsums am Bruttosozialprodukt liegt in China gerade mal bei 35 Prozent. In Deutschland, Japan oder auch Indien sind es 57 Prozent. Die chinesische Regierung versucht zwar, durch Zuschüsse und Anreize den Privatkonsum anzukurbeln, doch das reicht bei weitem nicht aus.
Es wird immer noch mehr produziert
Und obwohl Chinas Firmen auf Produktbergen sitzen, wird immer weiter investiert. In den letzten sieben Monaten hätten Chinas Banken so viele Kredite vergeben wie sonst in zwei Jahren, sagt Wuttke. Dass neue Unternehmen auf den Markt drängen und statt weniger mehr hergestellt wird, hat aus Wuttkes Sicht dramatische Folgen auf das Land: "Die chinesische Wirtschaft leidet unter den Überkapazitäten, die Firmen sind in einem Preiskrieg. Die Margen gehen gegen Null. Und da wird als erstes gespart bei Forschung und Entwicklung. China ist eigentlich in der Situation, dass es mehr Entwicklung braucht. Aber das wird dann wegen der Überkapazitäten über Bord geworfen."
Umweltschutz und Arbeiterrechte fallen hinten runter
Das ist längst nicht alles. Der hohe Wettbewerbsdruck die Produkte auch zu verkaufen, hat negative Folgen für die Umwelt. Wird zu wenig Gewinn gemacht, werde oft genau dort gespart, sagt Wuttke. Missbrauch und Korruption nehmen vor allem in den Provinzen zu, die weit weg von der Regierungszentrale Peking liegen.
"Sie umgehen Regulierungen aus Peking vor allem im Umweltsektor. Da lässt man dann seine Wasseraufarbeitungsanlage abgeschaltet. Und auch bei den Arbeitsgesetzen wird oft ein Auge zugedrückt", sagt Wuttke. Das sei von Peking aus kaum zu regulieren.