Ringen um Freihandelsabkommen CETA Kanadas Frust mit der EU
"Wir wünschen alles Gute", sagt Kanadas Handelsministerin Freeland zu den schwierigen EU-internen Verhandlungen über das Freihandelsabkommen CETA. "Wir haben unsere Arbeit gemacht." Umso größer ist der Frust auf kanadischer Seite.
Der Tonfall genervt, die Lippen schmal, die Geduld beinahe aufgebraucht. Kanadas Handelsministerin Chrystia Freeland weigert sich aber weiter tapfer, die letzte Hoffnung auf ein Handelsabkommen zwischen Kanada und der Europäischen Union aufzugeben. Wenn Europa in der Lage sei, am 27. Oktober das Handelsabkommen zu unterzeichnen, dann sei Kanada zur Stelle.
Das heißt im Klartext: Premier Justin Trudeau und die Handelsministerin wollen nach Belgien reisen und hoffen weiter, dass das, was sich derzeit in der EU abspielt - aus kanadischer Sicht ein Albtraum - genau das bleibt: nur ein schlechter Traum.
"Ich hoffe, dass man das doch noch schafft"
CETA sei nicht tot. Europa arbeite hart und man wünsche den Europäern dafür alles Gute. "Ich hoffe, dass man das doch noch schafft", sagt Freeland. Mit "das" meint die hörbar frustrierte Handelsministerin ein Abkommen, das aus kanadischer Sicht das beste Handelsabkommen sei, das die EU jemals verhandelt habe.
Seit 2009 hatten die beiden Partner über das CETA-Abkommen beraten, das beiden Seiten durch den Abbau von Zöllen und die Garantie einheitlicher Standards erhebliche wirtschaftliche Vorteile bringen sollte.
"Im Augenblick liegt der Ball im Feld der EU. Ratspräsident Tusk hat gesagt, man arbeite hart. Das sollte die EU auch tun", sagte Freeland. Die kanadische Ministerin ist ebenso wie Premier Trudeau offenbar tief frustriert über die Tatsache, dass ein belgisches Regionalparlament, in diesem Fall die Wallonie, ein gesamtes Vertragswerk zwischen der EU und Kanada aushebeln kann. Doch sie bleibt dabei; "Kanada ist bereit zu unterschrieben. Wir haben unsere Arbeit gemacht. Jetzt ist Europa gefragt, Die Europäer haben auf allen Ebenen gesagt, sie arbeiteten hart daran, es noch zu schaffen. Wir wünschen alles Gute", sagte Freeland.
"Im Augenblick liegt der Ball im Feld der EU" - Kanadas Handelsministerin Freeland.
Zuvor hatte Ratspräsident Tusk angesichts der verworrenen Lage und der Signale aus der Wallonie, sich keinem Ultimatum beugen zu wollen, alle Parteien aufgerufen, eine Lösung zu finden. Noch bleibe Zeit dafür, so Tusk. Aber die Uhr tickt.
Kanada sieht EU-Handelspolitik in Frage gestellt
Während die Befürworter darauf setzen, dass durch CETA allein die EU-Wirtschaftsleistung um jährlich zwölf Milliarden Euro stiegen könnte und neue Arbeitsplätze entstehen, fürchten die Kritiker, dass CETA helfe, lediglich die Rechte internationaler Großkonzerne zu stärken. In Kanada sieht man derweil längst nicht mehr nur das CETA-Abkommen, sondern im Falle eines Scheiterns auch Europas Ruf als Verhandlungspartner auf dem Spiel stehen: "Wenn Europa dieses Handelsabkommen ausgerechnet auch noch mit Kanada, das gleiche Werte teilt, nicht unterzeichnen kann, dann stellt das die europäische Handelspolitik insgesamt in Frage", so Freeland.
Kein Zufall übrigens, dass die Handelsministerin bei der Gelegenheit erwähnte, dass Kanada gerade erst mit China erste Sondierungen über ein Handelsabkommen gestartet habe und erst vor wenigen Wochen eine indische Delegation ebenfalls zum Thema Handelsabkommen zu Gast in Ottawa gewesen sei. Kanadas Regierung, für gewöhnlich mit großer Geduld gesegnet, ist im Fall CETA offenbar fast am Ende ihrer Geduld angelangt.