Geplante Legalisierung Der Mittelstand schaut aufs Cannabis
2024 könnte Cannabis legalisiert werden. Mittelständische Unternehmer bereiten sich auf das Geschäft mit der Pflanze vor. Für Bauern könnte der Anbau gar eine Alternative zur Viehzucht werden.
Der Bauer reich durchs Gras, der Apotheker bekannt als Dealer und die Politik d’accord mit Kiffern? Sieht so die Zukunft mit legalem Cannabis aus? Die Freigabe der Hanfpflanze für den Freizeitkonsum in Deutschland könnte einen neuen Wirtschaftszweig entstehen lassen.
So geht der Branchenverband Cannabiswirtschaft (BvCW) davon aus, dass das Geschäft mit den Cannabisblüten boomen wird. Der Verband mit Sitz in Berlin vertritt seit der Gründung im Jahr 2019 rund 90 Unternehmen gegenüber Politik und Verwaltung. Laut BvCW-Sprecher Jürgen Neumayer könnten durch die Legalisierung von Cannabis neben der Regelung für Verkauf und Anbau auch neue Sparten im Bereich Technik, Dienstleistung und Verpackung entstehen.
Trotzdem seien bei der Legalisierung viele Aspekte zu beachten, so Neumayer weiter. Wichtig sei es vor allem präventiv aufzuklären. Cannabis bleibe eine Droge wie Alkohol auch. Eine Legalisierung der Substanz sei als "Zurückgewinnung von Kontrolle" gedacht. Mittelfristig solle dadurch der Schwarzmarkt verdrängt und ein nachverfolgbares System als Qualitätskontrolle aufgebaut werden.
Deutschland als Vorbild für Europa
Deutschland könnte laut BvCW in Bezug auf die geplante Legalisierung von Cannabis europaweit Vorreiter sein. Laut Neumayer blicken derzeit viele Länder auf Deutschland und dessen Entscheidung bezüglich der Thematik. "Viele Unternehmen stehen in den Startlöchern", so der BvCW-Sprecher weiter. Große Nachfrage würde vor allem vom Bauernverband kommen. Für viele Landwirte sei der Anbau von Cannabispflanzen eine sinnvolle Alternative zur Viehzucht.
Trotzdem dürfe man nicht vergessen: "Nur weil die Pflanze legalisiert wird, ist die Substanz nicht weniger schädlich", warnt Apotheker und Vorstandsvorsitzender des Verbands der Cannabis versorgenden Apotheken e.V. (VCA) Johannes Ertel aus Bisingen (Zollernalbkreis).
Der Pharmazeut ist prinzipiell für eine Legalisierung von Cannabis - allerdings nur kontrolliert und an zertifizierten Verkaufsstellen. Es brauche ein System, das niederschwellig erreichbar sei und eine hohe Kompetenz nachweisen könne. Außerdem dürfe nicht das Bild entstehen, dass Apotheker die neuen "Dealer" seien. Der Pharmazeut sagte dem SWR, dass eine Legalisierung von Cannabis nur unter Berücksichtigung von Jugendschutz und Prävention gerechtfertigt sei.
Fachkongress "Cannabis is our Business"
In Freiburg hat am Dienstag erstmals ein Fachkongress zum Thema Cannabis begonnen. Unter dem Motto "Cannabis is our Business" hat die Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH & Co. KG (FWTM) die zweitägige Messe "Canna B" organisiert. Sie bietet Fachleuten und Unternehmen aus Landwirtschaft, Pharmazie, Handel und Wirtschaft eine Plattform, um sich auszutauschen. Neben rechtlichen Fragen, werden auch "Best Practice"-Beispiele aus Süd- und Nordamerika sowie der Schweiz beleuchtet.
Vielfältigkeit von Hanf darstellen
Der Unternehmer Andreas Leitz erhofft sich durch die geplante Legalisierung vor allem wirtschaftliche Vorteile: "Wenn wir Cannabis legalisieren, schaffen wir auch einen wirtschaftlichen Turbo für unseren Mittelstand". Anfang Dezember hat der gelernte Ingenieur den Einzelhandelsladen "Planty of Reasons" in der Stuttgarter Innenstadt eröffnet. Dort werden alle legal verfügbaren Produkte, wie Hanfsamen, CBD-Öle oder Hanfcremes angeboten. Leitz will im Fall einer Legalisierung auch THC-haltige Produkte verkaufen. Außerdem will der Unternehmer allen Vorurteilen gegenüber Cannabis entgegenwirken.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat in seinem jüngsten Interview mit den tagesthemen die Pläne zur Legalisierung von Cannabis verteidigt. Es sei der "Königsweg", um den Schwarzmarkt auszutrocknen. Trotzdem werde es Restrisiken geben, wie beispielsweise die Weitergabe von legal erstandenem Cannabis an Jüngere.
Lauterbach geht davon aus, dass bereits Ende nächsten Jahres der erste Gesetzentwurf zur Cannabis-Legalisierung vorliegt. Diese Legalisierungspläne gehen dann an die Europäische Kommission. Das letzte Wort hat der Bundestag.