Drastisch gesunkener Absatz Bierbrauer in Bedrängnis
Auch wenn in den eigenen vier Wänden mehr getrunken wird: Die Corona-Krise hat die Bierbrauer massiv in Bedrängnis gebracht, ihnen zweistellige Umsatzeinbußen beschert. Wie geht es nun weiter mit AB Inbev, Heineken & Co?
Als der Weltmarktführer Anheuser-Busch Inbev (AB Inbev) heute vor genau fünf Jahren die Übernahme des britischen Konkurrenten SABMiller verkündete, schien die Welt der Bierbrauer noch in Ordnung.
Der Beck's-Produzent mit Sitz in Brüssel musste für den Rivalen zwar 100 Milliarden Euro berappen, doch seitdem kommt jedes dritte in der Welt verkaufte Bier aus den Sudhäusern des belgischen Konzerns. Dazu zählen Marken wie Budweiser, Corona, Stella Artois oder in Deutschland Beck's und Franziskaner. SABMiller verkauft unter anderem Pilsner Urquell, Miller und Grolsch.
300 Millionen Liter weniger
Fünf Jahre später steckt die gesamte Branche in einer tiefen Krise. Allein in Deutschland setzten die Bierbrauer nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im ersten Halbjahr 300 Millionen Liter oder 6,6 Prozent weniger Bier als im Vorjahreszeitraum. Dies sei das niedrigste Ergebnis seit Einführung der aktuellen Statistikmethode 1993.
In den Monaten April und Mai waren die Absatzeinbußen wegen der Schließung von Bars und Restaurants sogar zweistellig. Zwar ist der Konsum seitdem wieder gestiegen, doch ein Blick in die Bilanzen der Braukonzerne offenbart ein Debakel. Denn viele Großveranstaltungen wie das Münchner Oktoberfest wurden abgesagt oder finden wie die Fußballspiele ohne Zuschauer statt.
AB Inbev am schwersten betroffen
So ist allein beim Branchenprimus AB Inbev das Ergebnis im zweiten Quartal um 40 Prozent auf 3,4 Milliarden Dollar eingebrochen. Unter dem Strich stand sogar ein Verlust von 1,6 Milliarden Dollar, wegen Abschreibungen auf das Afrika-Geschäft.
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Doch auch die anderen Bierkönige, wie Heineken, die weltweite Nummer zwei, oder Carlsberg haben unter der Corona-Krise gelitten, wenngleich sich die Aktienkurse als krisenresistenter erwiesen haben als die des Branchenprimus.
Jetzt ist Sparen angesagt
So verbuchte Heineken im ersten Halbjahr einen Absatzrückgang um 11,5 Prozent, was den Umsatz um 16,4 Prozent auf 9,2 Milliarden Euro drückte. Das operative Ergebnis brach um mehr als die Hälfte auf 827 Millionen Euro ein. Eine Jahresprognose wagt der Vorstand bis heute keine mehr, vielmehr ist jetzt Sparen angesagt.
Carlsberg, die drittgrößte Brauerei der Welt, in Deutschland mit den Marken Holsten und Astra vertreten, prophezeit für das laufende Geschäftsjahr einen Rückgang des Ergebnisses um zehn bis 15 Prozent. Deshalb sollen weniger Mitarbeiter eingestellt werden als geplant. Das im Februar angekündigte Aktienrückkaufprogramm wurde ausgesetzt.
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An eine weitere Konsolidierung der Branche, um das Angebot zu reduzieren und lästige Konkurrenten aus dem Markt zu drängen, denken die Dänen erst einmal nicht.
Dividende gekürzt
Das scheint derzeit auch die oberste Priorität von AB Inbev zu sein. Der Konzern hat sogar die Dividende um die Hälfte auf 50 Cent je Aktie gekürzt und die Auszahlung um drei Monate verschoben. Dadurch blieb rund eine Milliarde Dollar in der Firmenkasse. Im Juli folgte der Verkauf der australischen Tochter, was rund 11 Milliarden Dollar in die Kassen spülte. Bei dem aus unzähligen Fusionen und Übernahmen hervorgegangenen Konzern ist also erst einmal Dekonsolidierung angesagt.
Dem Aktienkurs hat dies zwar geholfen, doch das Papier ist immer noch rund ein Drittel billiger als im Januar. AB Inbev war davon härter betroffen als andere Brauer, da der Großkonzern einen höheren Anteil des Biers für die Gastronomie abfüllt.
Und im Vergleich zur besten Zeit vor fünf Jahren hat die Aktie über die Hälfte ihres Wertes eingebüßt. Hauptgrund für den Kurseinbruch ist allerdings weniger Corona als die hohe Verschuldung seit der aus heutiger Sicht überteuerten Übernahme von SabMiller, sowie gravierende Probleme in Afrika.
"Schwierigstes Jahr der Geschichte"
Und wie geht es den zahlreichen noch unabhängigen kleinen deutschen Brauern? "Für die deutsche Brauwirtschaft ist 2020 eines der schwierigsten Jahre ihrer Geschichte“, sagte der Präsident des Deutschen Brauer-Bundes, Jörg Lehmann, kürzlich. Auch wenn sich der Absatz in Teilen erholt habe und sich die Situation in manchen Exportmärkten entspanne, bleibe der Fassbierabsatz im Keller. "Einzelne Braubetriebe mussten in den zurückliegenden Monaten Umsatzrückgänge von mehr als 70 Prozent verkraften – und die Durststrecke ist noch lange nicht zu Ende," so Lehmann.
Die Gerstensafthersteller haben also ein großes Interesse daran, dass die Menschen so früh wie möglich zu ihren früheren Gewohnheiten zurückzukehren. Auch wenn es auf Seiten der Weltgesundheitsorganisation WHO Bestrebungen gibt, den Alkoholkonsum bis 2025 um zehn Prozent zu reduzieren, scheint die Nachfrage nach alkoholischen Getränken zunächst weiter zu wachsen.
Nach einer Studie der TU Dresden soll der Pro-Kopf-Konsum bis 2030 von derzeit 6,5 Litern Reinalkohol pro Jahr auf 7,6 Liter ansteigen. Henning Gebhardt, ehemaliger Fondsmanager der Berenberg Bank und der DWS, gibt sich deshalb optimistisch. Der FAS sagte er: "Wenn die Bars und Freizeitparks wieder aufmachen, hat die Bier-Aktie einen Mega-Hebel nach oben".