Junge Landwirte Der beste harte Job der Welt
Im jüngsten Ausbildungsjahr entschieden sich deutlich mehr junge Menschen für den Beruf des Landwirts - aber die Herausforderungen sind groß. Inflation und steigende Energiekosten machen den Bauern zusätzlich zu schaffen.
Philipp Pelzer kommt ins Schwärmen, wenn er über seinen Beruf spricht. "Die Landwirtschaft ist so vielfältig, es gibt keinen besseren Job auf der Welt. Wer etwas anderes behauptet, der hat noch nie in der Landwirtschaft gearbeitet", sagt er voller Überzeugung. Und dennoch stellt er sich immer wieder die Frage, warum er sich diesen Stress und diese Herausforderung antut. Denn die Perspektiven seien ungewiss, die politischen Rahmenbedingungen alles andere als gut. Philipp Pelzer ist 24 Jahre alt. Er arbeitet auf dem Hof seiner Eltern in Rhaden in Nordrhein-Westfalen.
Angst vor Investitionen
An der Ausbildung dürfte es bei Philipp also wohl nicht scheitern. Kopfzerbrechen bereiten ihm eher die Rahmenbedingungen des Berufs. Der elterliche Hof hat mit großen Herausforderungen zu kämpfen. "Schweren Herzens haben wir die Züchtung unserer Mastschweine aufgrund der aktuellen Lage aufgegeben", berichtet er. In der Corona-Zeit seien die Preise extrem eingebrochen. "Wir haben mit den Schweinen hohe Verluste gemacht. Pro Lkw, der den Hof verlassen hat, haben wir etwa 3000 Euro draufgelegt", so seine bittere Bilanz.
Nun etwas Neues aufzubauen sei gar nicht so einfach, sagt der Junglandwirt. Man habe Angst zu investieren, denn die Politik agiere momentan sehr schnelllebig. Der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Joachim Rukwied, sieht darin auch die größten Herausforderungen für den Nachwuchs. "Jungunternehmer nehmen große Risiken mit Investitionen in einen Betrieb auf sich. Dafür brauchen sie verlässliche Rahmenbedingungen und eine wirtschaftliche Zukunftsperspektive. Es ist nicht akzeptabel, dass der Gesetzgeber ständig die Spielregeln ändert," so Rukwied.
Der Bauernverband sieht in seinem jetzt vorgestellten Situationsbericht zwar eine wieder deutlich verbesserte Ertragslage - und diese sei auch "dringend notwendig", so Ruckwied. Er betont aber auch, Düngemittel, Energie und Löhne hätten sich drastisch verteuert und seien teils nur beschränkt verfügbar.
Immer mehr Auszubildende in der Landwirtschaft
Dennoch entscheiden sich immer mehr junge Menschen für den Beruf als Landwirt. Mehr als 4000 Ausbildungsverträge wurden laut Bauernverband im Ausbildungsjahr 2021/22 bundesweit abgeschlossen. Das sei ein Plus von 7,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Philipp Pelzer ist überzeugt, dass sich die gesamte Sicht auf die Landwirtschaft und auch die Meinung der Gesellschaft verändert habe. "Die Leute haben besondere Ansprüche, denen wir gerne nachkommen. Die Moral endet aber am Regal. Viele sagen: 'Das ist toll, was ihr macht, aber beim Discounter gibt es das günstiger'", so seine Bilanz.
Landwirtschaft erobert das Internet
Um die Sichtweise der Menschen zu verändern, veröffentlicht er Videos und Fotos auf YouTube und auf Instagram. Er wolle auch Fachfremde erreichen. "Meine Motivation ist es, die Leute mitzunehmen, weil viele Menschen gar nicht Bescheid wissen, was auf den Höfen passiert, und es viele Vorurteile gibt."
Eine ähnliche Botschaft soll der Instagram Kanal farmlife_owl verbreiten, den fünf junge Landwirte und Landwirtinnen aus Ostwestfalen-Lippe seit 2021 betreiben. Über dieses Projekt hat Philipp Anja Mettenbrink kennengelernt, die ebenfalls aus einer Bauernfamilie stammt. "Wir wollen Einblicke geben, woraus unsere Arbeit besteht. Wir wollen auch Verständnis erzeugen und zeigen, was bestimmte Entscheidungen aus der Politik für uns bedeuten", beschreibt Mettenbrink ihr Projekt. Die Hauptmotivation sei aber Leidenschaft. "Die Liebe zum Tier spielt auch eine große Rolle, das wird uns ja oft abgestritten."
Industrie versucht Nachwuchs abzufischen
Nachwuchsprobleme sieht sie aber nicht. "In dieser Gegend sind die Berufsschulklassen immer noch gut besucht. Landwirtschaft wird es immer geben", ist Mettenbrink überzeugt. "Die Frage ist, in welcher Form." Philipp Pelzer hat hingegen festgestellt, dass es viele Industrieunternehmen gibt, die die Leute abgreifen. "Dort gibt es bessere Arbeitsbedingungen. Wenn Ernte ist, ist Ernte. Dann muss man als Landwirt schon mal 16 Stunden lang buckeln; und das bei moderater Bezahlung", so Pelzer.
Viele seiner Freunde hätten deshalb andere Wege gewählt. "Bei mir in der Klasse waren fünf Bauernsöhne, ich war der Einzige, der sich für diese Ausbildung entschieden hat. Die anderen gingen ins Handwerk und in die Industrie." Pelzer aber ist froh, diesen Weg gewählt zu haben. Schließlich sei Landwirtschaft bei allen Herausforderungen der beste Job der Welt.