EBA veröffentlicht Stresstest-Ergebnisse Der Fitness-Check für Banken
Erst wenn alle wichtigen Börsen geschlossen haben, will die Europäische Bankenaufsicht die Ergebnisse des Banken-Stresstests veröffentlichen. Was wurde dabei untersucht? Und wie sinnvoll ist er?
Wer wird getestet?
Die Europäische Bankenaufsicht (EBA) hat 51 Institute unter die Lupe genommen, darunter neun deutsche wie die Commerzbank und die Deutsche Bank. Sie stehen für rund 70 Prozent der Bilanzsumme aller Banken in der Europäischen Union. Wenn sie ins Straucheln geraten, ist die Finanzstabilität in Europa gefährdet. Das heißt, es handelt sich um systemrelevante Banken. Die Europäische Zentralbank (EZB) testete parallel 56 kleinere Institute. Deren Ergebnisse aus dem Test bleiben aber unter Verschluss.
Was wird geprüft?
Geprüft wurde, ob die Geldhäuser genügend Kapitalpuffer haben. Die Banken müssen beweisen, dass sie eine neue Wirtschaftskrise ohne fremdes Kapital überstehen würden. Dazu wird im Stresstest eine schwere Rezession simuliert, die ähnlich heftig ausfällt wie während der Finanzkrise von 2008 bis 2010: Die Börsenkurse stürzen ab, der Euro und die Immobilienpreise in der EU brechen ein, die Zinsen steigen plötzlich in den USA oder anderswo außerhalb Europas an. "Es ist wichtig zu wissen, wie große Banken, die großen Einfluss haben, aufgestellt sind", sagt Markus Gürne, Leiter der ARD-Börsenredaktion.
Wie laufen die Tests ab?
Anders als beim vergangenen Stresstest vor zwei Jahren gab es diesmal keine Vor-Ort-Prüfung durch die EBA. Die Instituten mussten die vorgegebenen Szenarien durch ihre internen Systeme laufen lassen und dann entsprechende Tabellen der Aufseher ausfüllen. Wichtige Fragen sind dabei zum Beispiel: Wie viele Geschäfte mit wie hohen Risiken macht die Bank? Hat die Bank Kreditnehmer, die in der Lage sind, ihre Schulden zurückzuzahlen?
Wird es Durchfaller geben?
Nein. Eine Kategorisierung nach "bestanden" und "durchgefallen" gibt es diesmal nicht. Die Aufseher haben auf Vorgaben von Kapitalquoten verzichtet, die die Banken erfüllen müssen. Folgerichtig wird sich die EBA auch zu einer möglichen Lücke des jeweiligen Geldhauses beim Eigenkapital nicht konkret äußern. Die Ergebnisse sollen den Bankenaufsehern aber dabei helfen, die Kapitalquoten festzulegen, die sie künftig von den einzelnen Banken fordern. Diese können sich je nach Geschäftsmodell und Risiken in den Bilanzen deutlich unterscheiden. "Das ist sinnvoll, weil die Banken unterschiedlichen nationalen Rahmenbedingungen unterliegen und unterschiedliche Geschäftsmodelle haben", sagt Gürne.
Die Ergebnisse sollen grundsätzlich in die Bewertung von Geschäftsmodellen und Risiken einfließen. Hat eine Bank ein schlechtes Ergebnis, hat sie einen gewissen Zeitrahmen, in dem sie sich erklären kann und in dem sie zusätzliches Kapital aufbringen kann. Später können EZB und nationale Aufsichtsbehörden dann im Fall zu geringer Kapitalquoten entscheiden, dass ein Institut keine Dividende ausschüttet oder das bestimmte Boni nicht in bestimmten Höhen gezahlt werden.
Was wird veröffentlicht?
Die Banken haben die Szenarien in ihren internen System durchgespielt und die Resultate in Tabellen eingetragen. Je Bank wollen die Aufseher etwa 12.000 Daten veröffentlichen. Sie warnen aber davor, diese vorschnell zu interpretieren.
Was ist neu?
Beim Stresstest 2014 konnten die Banken durchfallen, damals waren das von 123 Banken 24. Ihnen fehlten zusammen 24,6 Milliarden Euro. Das ist dieses Mal anders. Beim letzten Stresstest wurde vor allem strukturell getestet. Nun geht es auch um die Menschen, die für die Bank arbeiten und deren mögliches Fehlverhalten. Erstmals wird das Risiko getestet, das sich aus dem Fehlverhalten von Bankern ergibt. Manipulationen und Verstöße gegen die Vorschriften hatten viele Häuser nach der Finanzkrise Milliarden Euro Geldstrafen gekostet - zum Beispiel die Deutsche Bank.
Einen Fokus haben EBA und EZB diesmal auch auf die Fremdwährungskredite gelegt, die vor allem Banken in Osteuropa häufig vergeben hatten.
Wenn keiner durchfällt, was bringt solche Tests überhaupt?
Der Stresstest zeigt der Politik, wie stabil die Banken in den einzelnen Ländern sind. "Das liefert den Politikern Erkenntnisse, wie es um die einzelnen Kreditinstitute steht", sagt Gürne von der ARD-Börsenredaktion. Für die Politik sei das dann auch eine Rechtfertigung, um einzugreifen. Die Politik könnte dann Banken retten oder die Bank auffordern, ihr Geschäftsmodell umzubauen und Teile in eine Bad Bank auszulagern. "Die Tests sind sinnvoll, weil sie zeigen, wie stabil die Wirtschaft in bestimmten Ländern ist", sagt ARD-Experte Gürne.
Welche Kritik gibt es am Stresstest?
Bei früheren Stresstests überholte die Realität die Testszenarien oft schnell. Kritiker monieren nun, dass zwar das derzeit unrealistische Szenario steigender Zinsen untersucht wurde, nicht aber die Folgen weiter sinkender Zinsen. Ein Null- oder Minuszinsszenario wurde also nicht einbezogen. Als Grund sehen Kritiker Interessenkonflikte innerhalb der EZB. Mit ihrer Geldpolitik hat die EZB den Banken Erträge genommen, ist aber zugleich auch Aufsichtsbehörde für große Institute.
Wer sind die größten Sorgenkinder im Stresstest?
Derzeit haben die Banken europaweit Probleme, weil sie kaum mehr Gewinne erwirtschaften. Besonders im Fokus dabei: Italien.
"Italiens Banken haben das größte Problem - viele faule Kredite in Milliardenhöhe. Die aber sind es nicht allein. Das Kernproblem ist das Bankensystem in Italien. Das muss dringend saniert werden. Allen voran die älteste Bank der Welt - die Banca Monte die Pasci. Eigentlich müssten nach europäischen Regeln Anteilseigner und Gläubiger die Bank schützen. Aber Ministerpräsident Renzi will diese schützen. Und deshalb sollen nun die Freunde, also andere Banken helfen. Nur, das löst es Problem nicht. Es wird nur in die Zukunft verschoben."
Warum kommt die Veröffentlichung an einem späten Freitagabend?
Die Aufseher vermeiden damit eine direkte Reaktion der Wertpapiermärkte. Um 22 Uhr sind die Börsen in Europa und in den USA geschlossen, die für manche der getesteten Banken ein wichtiges Geschäftsfeld sind.