Tarifkonflikt bei der Bahn beendet Ein "Abschluss mit Vernunft und Augenmaß"
Nach einem Jahr ist der Tarifkonflikt bei der Bahn beendet. Die Lokführergewerkschaft GDL und die Bahn einigten sich nach zuletzt fünf Wochen Schlichtung auf einen Tarifvertrag, teilte Brandenburgs früherer Ministerpräsident Platzeck als Schlichter mit. Weitere Streiks sind damit vom Tisch.
Der Tarifkonflikt zwischen der Deutschen Bahn und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ist nach einem Jahr beendet. Beide Seiten hätten sich am Dienstagabend geeinigt, sagte Brandenburgs früherer Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) als Bahn-Schlichter in Berlin.
"Wir haben einen Abschluss mit Vernunft und Augenmaß hingekriegt", alles sei unterschrieben, sagte Platzeck, der mit dem thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow vor fünf Wochen das Schlichtungsverfahren aufgenommen hatte. Es sei hart verhandelt worden. Die Gespräche seien "für zartbesaitete Gemüter nicht unbedingt geeignet" gewesen.
Das zentrale Thema sei der Abbau von Belastungen für die Beschäftigten gewesen, erklärte Ramelow, der für die GDL als Schlichter auftrat. 100 Zugbegleiter und 300 Lokführer werden zusätzlich eingestellt. Es gebe für Arbeitnehmer künftig auch die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit zu senken. Ab dem Jahr 2018 sinkt die wöchentliche Arbeitszeit des Zugpersonals um eine Stunde auf 38 Stunden.
Außerdem steigen die Gehälter - und zwar bereits zum 1. Juli um 3,5 Prozent und am 1. Mai nächsten Jahres um weitere 1,6 Prozent. Hinzu kommt eine Einmalzahlung von 350 Euro.
Beide Seiten zufriedengestellt
Vor dem aktuellen Tarifkonflikt hatte die GDL nur für die Lokführer verhandelt, in der aktuellen Streitrunde hatte sie auch Forderungen für weitere Berufsgruppen erhoben. Das Kernproblem der Auseinandersetzung bestand deshalb im Ziel der GDL, für jede der bei ihr organisierten Berufsgruppen einen eigenen Tarifvertrag abzuschließen. Dabei sollten die Tarifabschlüsse nach Ansicht der GDL inhaltlich auch abweichen können von Verträgen mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Das ist nun nicht der Fall.
Denn die jetzigen Tarifabschlüsse mit der GDL entsprechen nun den Abschlüssen, die die Bahn im Mai mit der EVG erzielt hatte - mit Ausnahme der Verkürzung der Wochenarbeitszeit um eine Stunde. Damit gelten also für gleiche Berufsgruppen, obwohl deren Mitglieder in verschiedenen Gewerkschaften sein können, trotzdem die gleichen Regelungen. Die Bahn ist damit zufrieden. DB-Personalvorstand Ulrich Weber erklärte:
Alle Ergebnisse und Vereinbarungen fügen sich inhaltlich in die bestehenden Regelungen ein. Damit erreichen wir unser Ziel, für ein und dieselbe Berufsgruppe nicht nach Gewerkschaftszugehörigkeit unterscheiden zu müssen, wenn es um Arbeitszeit, Pausenregelungen oder Vergütung geht.
Die EVG begrüßte die Einigung von GDL und Bahn. Damit werde die drohende tarifliche Spaltung einzelner Beschäftigten-Gruppen verhindert. Die von der GDL erreichte Reduzierung der Arbeitszeit um eine Stunde ab 2018 sieht EVG-Verhandlungsführerin Regina Rusch-Ziemba gelassen. Bis dahin stünden noch zwei Tarifrunden an, in denen die EVG erfolgreich nachverhandeln werde.
"Die Verträge sind gemacht"
Ramelow hatte bereits am Mittwochabend eine Einigung angedeutet. "Ich lege mir jetzt MMW auf & höre Freiheit, ganz besonders die Stelle: Die Verträge sind gemacht!", schrieb er auf Twitter mit Bezug auf den Beginn des Liedes "Freiheit" von Marius Müller-Westernhagen. Details der Einigung sind allerdings noch nicht bekannt.
Aufatmen bei 37.000 Beschäftigten
Die Bahn und die GDL hatten zuvor knapp ein Jahr nahezu ergebnislos verhandelt, neun Mal ließen die Lokführer die Züge stehen und brachten den Bahnverkehr in großen Teilen zum Erliegen - bis zu fünf Tage am Stück.
Die Bahn dagegen wollte widerspruchsfreie Regelungen für alle Mitarbeiter unabhängig von deren Gewerkschaftszugehörigkeit. Für gleiche Tätigkeiten sollte es gleiche Bezahlung und gleiche Arbeitszeiten geben. Zu den Gruppen, die von beiden Gewerkschaften umworben werden, gehören außer den Lokführern die Zugbegleiter, Bordgastronomen, Lokrangierführer und Disponenten/Planer. Insgesamt geht es um rund 37.000 Beschäftigte.