Schuldenkrise Athens Griechen streiten mit Kontrolleuren
Von einer Krise in den Gesprächen mit IWF, EU und EZB will Griechenlands Finanzminister Venizelos offiziell nichts wissen. Doch die so genannte Troika hat Athen für zehn Tage verlassen. Und in dieser Zeit soll Venizelos den Haushaltsentwurf für 2012 nachbessern.
Von Steffen Wurzel, ARD-Hörfunkstudio Istanbul, zurzeit in Athen
Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos hat Berichte zurückgewiesen, wonach es eine Krise zwischen seiner Regierung und den internationalen Kontrolleuren der so genannten Troika geben soll. Venizelos betonte am späten Vormittag auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz, das Klima der Gespräche mit den Kontrolleuren sei gut und produktiv gewesen. Griechische Medien hatten zuvor gemeldet, es habe einen Streit zwischen der Troika und der griechischen Regierung gegeben.
Sparziel wird sicher verfehlt
Fest steht: Griechenland wird das Ziel, dieses Jahr eine Neuverschuldungsquote von 7,5 Prozent zu schaffen, verfehlen. Und zwar deutlich. Die Quote wird wahrscheinlich bei mehr als 8,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen.
Warum die griechische Neuverschuldung weitaus höher ausfallen wird als geplant, darüber gibt es offenbar Differenzen zwischen der griechischen Regierung und den Kontrolleuren der so genannten Troika.
Finanzminister Venizelos saß gestern mehrmals stundenlang mit den internationalen Kontrolleuren zusammen. Er bleibt bei seinem Standpunkt, der da lautet: Die Schuldenquote in Griechenland wird höher als gedacht ausfallen, weil die Rezession in Griechenland schlimmer ausfalle als befürchtet. Nächstes Jahr werde sich die wirtschaftliche Stimmung aber verbessern.
Vor einigen Tagen sagte Venizelos im griechischen Parlament: "Ich sage nicht, dass wir ein Wirtschaftswachstum hinbekommen, aber das Zurückgehen der Rezession wird eine ganz neue Situation schaffen, weil sich die Wirtschaftsleistung vergrößern wird und wenn sie so wollen: Auch die Stimmung wird sich verbessern."
Gedämpfter Optimismus
Die Kontrolleure der EU, des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) teilen den Optimismus des griechischen Finanzministers offenbar nicht ohne Weiteres. Sie werfen der Regierung vor, dass sie die vereinbarten Reformschritte nicht schnell genug umsetze. Medienberichten zufolge haben sie die griechische Regierung aufgefordert, zusätzliche Sparanstrengungen zu unternehmen und vor allem haben sie demnach darauf gedrängt, dass die bisher vereinbarten Sparmaßnahmen endlich umgesetzt werden.
Tatsächlich hat die griechische Regierung in den vergangenen Monaten zahlreiche konkrete Maßnahmen beschlossen: Staatsbetriebe, Immobilien und Grundstücke sollten verkauft werden, Behörden sollten zusammengelegt werden und die Art und Weise der Bezahlung von Staatsangestellten vereinheitlicht werden. Nur geschehen ist recht wenig in den zurückliegenden Wochen und Monaten.
Auszahlung der nächsten Tranche gefährdet
Die Kontrolleure der Troika sind nun offenbar der Meinung, dass sie in Athen bis auf weiteres nichts mehr ausrichten können. Einerseits liegen die Zahlen und Fakten auf dem Tisch, andererseits kann oder will die Regierung zunächst keine weiteren Sparmaßnahmen versprechen. Die Mission der Troika-Kontrolleure ist vorerst beendet, in etwa zehn Tagen soll sie weitergehen. Bis dahin dürfte die Regierung in Athen versuchen, das Thema mit ihren europäischen Partnern auf politischer Ebene zu lösen.
Fest steht aber: Die Auszahlung der nächsten, fälligen Kreditrate für Griechenland in Höhe von acht Milliarden Euro ist gefährdet. Damit droht allen Beteiligten eine erneute Hängepartie wie vor drei Monaten. Damals stand die Auszahlung der fälligen Kreditrate wochenlang auf der Kippe, das löste eine politische Krise in Griechenland aus.