Eine Erzieherin mit einem Kind beim Malen

Personalnot 133.000 offene Stellen in Sozial- und Gesundheitsberufen

Stand: 30.08.2024 09:23 Uhr

Zehntausende offene Stellen in Kitas oder Pflegeheimen konnten einer Studie zufolge bislang nicht besetzt werden - vor allem Erzieher fehlen. Die Situation könnte sich noch weiter verschlimmern.

In Deutschland fehlen Pfleger, Erzieher und Sozialarbeiter. Etwa 133.000 offene Stellen im Durchschnitt des Jahres 2023 in Gesundheits- und Sozialberufen können nicht mit passend qualifizierten Arbeitslosen besetzt werden, wie aus einer Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (Kofa) des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervorgeht.

Fast ein Viertel der gesamtwirtschaftlichen Fachkräftelücke entfällt damit auf diese Bereiche. Laut Studienautor und Experte Jurek Tiedemann schwächte sich der Mangel zuletzt zwar leicht ab, die Situation sei jedoch weiterhin "sehr angespannt" und könnte sich in den nächsten Jahren sogar noch erheblich verschärfen.

300.000 Betreuungsplätze fehlen

Der Studie zufolge gibt es bei Erziehern den größten Engpass. Das hat Folgen: Weil im vergangenen Jahr durchschnittlich knapp 21.000 Fachkräfte fehlten, mangelt es bundesweit an etwa 300.000 Betreuungsplätzen. Ein strukturelles Problem in Gesundheits- und Sozialberufen wirkt sich dabei erschwerend aus: Mehr als 80 Prozent der Beschäftigten sind weiblich, mehr als die Hälfte arbeiten in Teilzeit - auch weil die Fachkräftelücke sie indirekt dazu zwingt.

"Berufstätige Mütter reduzieren oft ihre Arbeitsstunden, um Lücken in der Kinderbetreuung auszugleichen", so Tiedemann. Eine Bereitstellung von Betreuungsplätzen sei die zentrale Stellschraube, um die Arbeitszeiten von Müttern und Vätern zu erhöhen.

Erhöhter Bedarf wegen Alterung der Bevölkerung

Ähnlich schwierig sei die Lage in der Sozialarbeit und -pädagogik, in der Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege, heißt es weiter. Personen, deren Angehörige wegen fehlender Fachkräfte nicht betreut werden können, stünden dem Arbeitsmarkt nur eingeschränkt zur Verfügung, so Tiedemann. Wegen der Alterung der Bevölkerung sei auch hier mit steigendem Bedarf zu rechnen. Das Statistische Bundesamt geht davon aus, dass bis 2049 mindestens 280.000 zusätzliche Pflegekräfte benötigt werden.

Die Experten sehen aber auch positive Entwicklungen. Die Ausbildungen zu Pflegefachfrau und -mann sowie Erzieherin und Erzieher verzeichnen laut Bundesinstitut für Berufsbildung die größte Zahl an neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen. Der Bedarf an qualifiziertem Personal steigt der Studie zufolge jedoch schneller, als neue Fachkräfte nachkommen.

Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, wird empfohlen, die Anreize für die Ausbildung in Gesundheits- und Sozialberufen weiter zu erhöhen. Eine direkte Ansprache männlicher Beschäftigter könne ebenfalls dazu beitragen, Geschlechterklischees zu überwinden und mehr Männer für eine Tätigkeit in einem Gesundheits- oder Sozialberuf zu begeistern, so Tiedemann.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 20. August 2024 um 14:48 Uhr.