GDL darf weiter streiken Bahn scheitert erneut vor Gericht
Der Streik der Lokführergewerkschaft kann weitergehen. Die Bahn scheiterte auch in der zweiten Instanz vor Gericht mit einem Eilantrag. Die "Nadelstichtaktik" der GDL sei zulässig, so die Richter - die zugleich eine Schlichtung anregten.
Die Lokführer der Deutschen Bahn können nach einem Gerichtsurteil ihren Streik wie geplant bis Mittwochmorgen fortsetzen. Das Hessische Landesarbeitsgericht wies in zweiter Instanz die Berufung der Bahn ab. Rechtsmittel gegen diese Entscheidung sind nicht möglich. Gestern war die Bahn bereits in erster Instanz unterlegen.
Das Instrument des "Wellenstreiks" der GDL als "Nadelstichtaktik" sei zulässig, sagte der Vorsitzende Richter Michael Horcher. Dies gelte auch für einen Betrieb der Daseinsfürsorge wie der Bahn. Eine grundsätzliche Entscheidung über eine angemessene Vorlaufzeit für Streikankündigungen könne das Gericht an dieser Stelle nicht treffen.
Richter: Gesetz zur Ankündigungspflicht denkbar
Richter Horch sieht hier den Gesetzgeber in der Pflicht. Dieser könne "ja ein Gesetz erlassen, mit dem man Streiks in Betrieben der Daseinsvorsorge begrenzt, in dem man zum Beispiel eine Ankündigungsfrist von vier Tagen einführt."
Damit nahm Horch auch Bezug auf die Debatte über eine mögliche Verschärfung des Streikrechts, die durch den seit Monaten ungelösten Tarifkonflikt zwischen Bahn und GDL ausgelöst worden war. Verkehrsminister Volker Wissing hatte im ARD-Morgenmagazin angedeutet, dass sich die Politik dieses Themas annehmen wolle.
"Kein zuverlässiges Verkehrsmittel mehr"
Frühere Streiks im aktuellen Tarifstreit hatte die GDL mindestens 48 Stunden vorher angekündigt, sodass sich Bahn und Fahrgäste darauf einstellen konnten. Mit der Taktik der "Wellenstreiks" setzt GDL-Chef Claus Weselsky allerdings darauf, dass genau das nicht mehr möglich ist. Ziel sei, dass "die Eisenbahn kein zuverlässiges Verkehrsmittel mehr" ist, hatte er vor einigen Tagen gesagt.
GDL: Schlichtung "durchaus diskutabel"
Die Bahn hatte vor Gericht unter anderem damit argumentiert, dass die Streikankündigung der GDL viel zu kurzfristig erfolgt sei. Beim aktuell laufenden Streik kam die Ankündigung gegen 20 Uhr am Sonntagabend. Im Güterverkehr begann der Streik am Montag um 18 Uhr, im Personenverkehr in der Nacht zum Dienstag um 2 Uhr.
Richter Horcher regte auch den Gang in eine formale Schlichtung an. Die Bahn hatte sich bereits zu einem Schlichtungsverfahren bereit erklärt, die GDL lehnte das bislang kategorisch ab. Vor Gericht bezeichnete GDL-Vertreter Thomas Schelling eine solche Maßnahme nun aber als "durchaus diskutabel". Man werde ergebnisoffen darüber beraten.
Etwa 20 Prozent der Fernzüge fahren
Bahnvertreter Florian Weh sagte, eine formale Schlichtung sei nun das gebotene Mittel der Wahl. "Wir sind bereit dazu ohne Vorbedingungen." Die Einschränkungen durch den "Wellenstreik" bedauerte er. "Wir müssen die Entscheidung des Gerichts wohl oder übel akzeptieren", erklärte Weh. Mehr rechtliche Möglichkeiten gebe es nicht, es sei alles versucht worden, den Streik zu stoppen, "leider ohne Erfolg".
Die Bahn hat - trotz der kurzfristigen Streikankündigung - abermals einen Notfahrplan auf die Beine gestellt, der im Fernverkehr ein Grundangebot von rund 20 Prozent sicherstellt. Im Regionalverkehr ist das Angebot je nach Region unterschiedlich. Fahrgäste werden gebeten, sich bei der Bahn über ihre Verbindungen zu informieren.
Weselsky: "Vernichtungsfeldzug" der Bahn nicht erfolgreich
GDL-Chef Weselsky kritisierte nach dem Urteil erneut das Bahn-Management scharf und forderte - wie schon vor dem Gerichtsurteil - ein neues, schriftliches Angebot der Bahn.
Mit dem Urteil sei "ein für alle Mal der Beweis erbracht, dass der Vernichtungsfeldzug des DB-Vorstands gegen die GDL nicht erfolgreich sein kann“, so Weselsky. Der DB-Vorstand sei nun gefordert, "ein neues, verbessertes schriftliches Angebot zu machen". Denn nur das bringe die Konfliktparteien wieder zurück an den Verhandlungstisch.