Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation Weltweit fehlen 200 Millionen Jobs
In Deutschland sinkt die Zahl der Arbeitslosen - doch damit steht die Bundesrepublik in Europa ziemlich allein da. Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation erreichte die Arbeitslosigkeit in den westlichen Industriestaaten eine Rekordmarke. Weltweit sind 200 Millionen Menschen ohne Job.
In der Europäischen Union und anderen westlichen Industrienationen ist die Zahl der Arbeitslosen seit Ausbruch der Finanzkrise 2007/2008 drastisch gestiegen. 45 Millionen Menschen seien 2010 in der EU, den USA, Japan und den anderen am weitesten entwickelten Volkswirtschaften ohne Job gewesen, teilte die Internationale Arbeitsorganisation ILO mit. Schätzungen zufolge wurde 2011 nur ein leichter Rückgang der Arbeitslosenzahl in diesen Ländern auf 43,5 Millionen verzeichnet. 2007 waren es noch 29,1 Millionen gewesen. Lediglich in Deutschland und Österreich sei die Situation mittlerweile wieder besser als vor dem Ausbruch der Krise.
In fast allen Ländern Europas - wie hier in Spanien - steigt die Arbeitslosigkeit.
900 Millionen können von ihrem Job nicht leben
Weltweit waren in den vergangenen beiden Jahren jeweils rund 197 Millionen Menschen arbeitslos und damit fast 27 Millionen mehr als vor der Finanzkrise. Hinzu kämen vor allem in den Entwicklungsländern rund 900 Millionen Menschen, die mit einem täglichen Einkommen von weniger als zwei US-Dollar trotz Arbeit unter der Armutsgrenze lebten. "Jeder dritte Arbeitnehmer auf der Welt ist arbeitslos oder lebt trotz Arbeit in Armut", erklärte ILO-Generaldirektor Juan Somavia.
Weltweit müssen nach den ILO-Berechnungen in den kommenden zehn Jahren 600 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen, um die bestehende Arbeitslosigkeit abzubauen und die etwa 400 Millionen Neuzugänge in den Arbeitsmarkt aufzunehmen. Vor allem in den Entwicklungsländern ist der Anteil der jungen Menschen teilweise sehr groß. Viele von ihnen werden in den kommenden Jahren Arbeit suchen, sobald sie ihre Ausbildung abgeschlossen haben oder alt genug sind. Die Zahl der Erwerbsfähigen wird laut ILO-Schätzungen jedes Jahr um 40 Millionen Menschen weltweit steigen. Die Schaffung von Arbeit müsse daher "oberste Priorität" in der Wirtschaftspolitik haben, forderte Somavia.
Hohe Jugendarbeitslosigkeit
Derzeit spüren junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren die Folgen der Schuldenkrise am stärksten. Von den weltweit 197 Millionen Arbeitslosen zählen rund 75 Millionen zu dieser Altersgruppe. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt damit weit höher als bei älteren Arbeitnehmern. Im vergangenen Jahr waren laut ILO 12,7 Prozent aller 15- bis 24-Jährigen arbeitslos. Für die Gesamtbevölkerung lag die Arbeitslosenquote im vergangenen Jahr nicht einmal halb so hoch: bei 6,0 Prozent.
Die ILO rief die Regierungen auf, "entschlossen und koordiniert" dafür zu sorgen, Ängste und Unsicherheiten zu dämpfen, die private Investitionen verhinderten. Nur so könnten private Unternehmen den "Jobmotor wieder anwerfen". Die Empfehlung der Internationalen Arbeitsorganisation sei zudem eine strikte Regulierung der Finanzmärkte. Diese könne nicht nur zur wirtschaftlichen Stabilisierung einen wichtigen Beitrag leisten, sondern auch direkt zum Beschäftigungswachstum, indem kleine und mittlere Unternehmen besseren Zugang zu Krediten bekämen und durch eine "gleichmäßigere Einkommensverteilung" die Nachfrage positiv beeinflusst würde.
Jahr | Gesamtquote | Männer | Frauen | Jugend (15-24 Jahre) |
---|---|---|---|---|
2011* | 6,0% | 5,8% | 6,4% | 12,7% |
2010 | 6,1% | 5,8% | 6,5% | 12,8% |
2009 | 6,2% | 6,0% | 6,4% | 12,8% |
2008 | 5,6% | 5,4% | 5,9% | 11,9% |
2007 | 5,5% | 5,2% | 5,8% | 11,7% |
2006 | 5,8% | 5,6% | 6,2% | 12,4% |
Quelle: ILO; *Schätzung