Lokführer legen Arbeit nieder Sie reden noch, aber streiken schon
Das Treffen zwischen Bahn und GDL hat den Streik nicht abgewendet. Beide Seiten vereinbarten, die Gespräche "kurzfristig fortzusetzen". Im Güterverkehr stehen viele Züge bereits still. In der Nacht folgt der Personenverkehr. Die Bahn reagiert mit einem Ersatzfahrplan.
Der voraussichtlich längste Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn AG ist am Nachmittag angelaufen. Trotz einer neuerlichen Gesprächsrunde zwischen dem Konzern und der Lokführergewerkschaft GDL trifft der Ausstand seit 15 Uhr den Güterverkehr. In der kommenden Nacht weitet die Gewerkschaft die Arbeitsniederlegungen ab 2 Uhr morgens auf den Personenverkehr aus. Die Bahn will mit Ersatzfahrplänen dafür sorgen, dass etwa ein Drittel aller Fernzüge dennoch fahren kann. Im Regionalverkehr erwartet das Unternehmen, dass - abhängig von der Region - zwischen 15 und 60 Prozent der normalerweise vorgesehenen Züge unterwegs sein werden.
Die vorübergehenden Hoffnungen von Fahrgästen, dass das Treffen zwischen Bahn und GDL eine Einigung über die Bedingungen einer Schlichtung bringen und damit den Streik noch kurzfristig abwenden könnte, erfüllten sich nicht. Zum Verlauf der Gespräche, an denen auch der frühere Bundesarbeitsrichter Klaus Bepler teilnahm, wurde am Abend nichts bekannt. "Es ist Vertraulichkeit verabredet worden", sagte eine Bahn-Sprecherin. Sie fügte hinzu, das die Gespräche "kurzfristig fortgesetzt" werden sollten.
Streik auch über Pfingsten
Die GDL ließ bislang offen, bis wann die neue Streikrunde dauern soll. Gewerkschaftschef Claus Weselsky hatte aber angekündigt, dass das Zugpersonal die Arbeit länger niederlegen soll als beim bisherigen Rekordstreik Anfang Mai. Reisende müssen sich daher darauf einstellen, dass auch die Pfingstfeiertage betroffen sein werden. "Wir bedauern besonders, dass es ausgerechnet am Pfingstwochenende dazu kommt", sagte Bahn-Vorstandsmitglied Ulrich Homburg.
Der Konzern integrierte den Ersatzfahrplan für Mittwoch und Donnerstag bereits in sein Online-Auskunftssystem. Auf den Hauptstrecken vom Ruhrgebiet nach Osten sowie von Hamburg nach Süden sollen mehr Züge verkehren als auf den übrigen Strecken. An Pfingsten will die Bahn versuchen, zusätzliche ICE und IC auf den Hauptrouten einzusetzen. Bei den Regionalzügen und S-Bahnen sollen die Ersatzfahrpläne jeweils am Nachmittag für den folgenden Tag feststehen und veröffentlicht werden.
Aufrufe zur Schlichtung
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel appellierte erneut an die Streikparteien, eine gütliche Einigung zu suchen, und legte eine Schlichtung nahe. "Mein Rat, meine Bitte, meine Aufforderung geht immer dahin, dieses Instrument zu nutzen", sagte der SPD-Chef. Dass ein Streik wirtschaftliche Beeinträchtigungen mit sich bringe, sei für sich alleine kein Argument dagegen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt forderte strengere Regeln für Tarifauseinandersetzungen. "In der Diskussion sind Fragen wie Fristen zur Streikankündigung, obligatorische Schlichtungsfragen oder auch die Frage eines Kernnetzes", sagte Dobrindt. Allerdings könnten etwa Überlegungen wie eine Zwangsschlichtung nicht zur aktuellen Lösung des Streiks der GDL beitragen, sagte Dobrindt.
Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann kritisierte unterdessen das Vorgehen GDL. Wer nach acht Streiks "noch immer nicht auf die Zielgerade kommt, der weckt Zweifel, dass er an dieser Alternative ernsthaft interessiert ist", sagte Hoffmann dem Berliner "Tagesspiegel". Weselsky wolle "augenscheinlich" das Gesetz über die Tarifeinheit abwarten, "um dann im Zusammenhang mit dem schwelenden Konflikt gegen das Gesetz klagen zu können". Weselsky instrumentalisiere die Beschäftigten der Bahn und die Kunden der Bahn gegen das Gesetz.
01.09.2014, Warnstreik: drei Stunden im Personen- und Güterverkehr
06.09.2014, Warnstreik: drei Stunden im Personen- und Güterverkehr
07.-08.10.2014, Streik: neun Stunden im Personen- und Güterverkehr
15.-16.10.2014, Streik: 14 Stunden im Personen- und Güterverkehr
17.-20.10.2014, Streik: 50 Stunden im Personen-, 61 Stunden im Güterverkehr
05.-08.11.2014, Streik: 64 Stunden im Personen-, 75 Stunden im Güterverkehr (vorzeitig beendet, ursprünglich bis 10.11. geplant)
21.-23.04.2015, Streik: 43 Stunden im Personen-, 66 Stunden im Güterverkehr
04.-10.05.2015, Streik: 127 Stunden im Personen-, 138 Stunden im Güterverkehr
Ab 19.05.2015 im Güterverkehr, ab 20.05.2015 im Personenverkehr, Streik: Ende bislang offen