"Bumerang"-Effekt durch die Abwrackprämie? Studie sieht 90.000 Auto-Jobs bedroht

Stand: 28.08.2009 11:26 Uhr

Nach dem Ende der Abwrackprämie sind einer Studie zufolge Zehntausende Jobs in der deutschen Autoindustrie in Gefahr. Besonders hart wären laut Unternehmensberatung Roland Berger die Händler betroffen. Doch schuld daran ist nicht die Prämie - sie verdeckte nur seit langem bekannte Probleme.

In der deutschen Automobilbranche sind einer Studie zufolge mehr als 90.000 Arbeitsplätze in Gefahr. Wie die Tageszeitung "Die Welt" unter Berufung auf eine Analyse der Unternehmensberatung Roland Berger berichtet, wird das Ende der Abwrackprämie die Zahl der Insolvenzen entlang der gesamten automobilen Wertschöpfungskette deutlich steigen lassen.

"Jeder zweite Autohändler vor der Insolvenz"

Besonders bedroht sind laut Studie die Autohändler. Durch die Abwrackprämie zögen viele Verbraucher den Autokauf vor, was nach Auslaufen der staatlichen Förderung zu einem massiven Nachfrageeinbruch führen werde. Ralf Landmann, Autor der Studie und Partner von Roland Berger, spricht daher von einem "Vorzieh-Effekt". In diesem Jahr würden viele Händler sogar mehr Fahrzeuge verkaufen als 2008, bevor sie dann ein Bumerang treffe. "Wenn die Abwrackprämie ausläuft, ist fast jeder zweite deutsche Händler akut von Insolvenz bedroht", schreibt Landmann. Bei den 27.000 Händlern in Deutschland könnten demnach bis zu 30.000 Stellen wegfallen.

Ein Autohändler in Hamburg wirbt mit der staatlichen Abwrackprämie um Kunden.

Vielen Autohändlern drohen nach dem Auslaufen der Abwrackprämie schwere Zeiten.

Die Wirtschaftskrise habe die strukturellen Probleme, an denen die Autoindustrie seit Jahren leide, auf einen Schlag sichtbar gemacht. Die Autohändler-Branche leide an Überkapazitäten und einem zu großen Händlernetz, die Renditen gen Null tendieren lasse. Laut der Studie blieben nur zwei Möglichkeiten, um sich gegen die Krise zu wappnen - Kosten senken und eine grundlegende Neuordnung der Händlernetze durch die Hersteller vorantreiben.

Sinkende Nachfragen treffen große Händlergruppen

Landmann zufolge bedroht der Nachfragerückgang dabei "vor allem die großen Händlergruppen, die in den vergangenen Jahren eigentlich alles richtig gemacht haben". Ausgerechnet die Unternehmen, die viel Geld in das eigene Wachstum investiert hätten, litten nun unter der Kreditklemme und müssten um ihre Existenz bangen.

Auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) rechnet nur mit einem Zwischenhoch bei den Neuzulassungen. Für das laufende Jahr rechnet er inzwischen mit dem Verkauf von 3,5 Millionen Fahrzeugen. Mit dem Ende der Abwrackprämie werde der Markt aber wieder schrumpfen, so Verbandspräsident Matthias Wissmann.

"Krise ins nächste Jahr verschoben"

Der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer hatte bereits gegenüber tagesschau.de prognostiziert, jedes vierte Autohaus werde 2010 seine Pforten schließen. Alleine 4000 Markenhändlern drohe das Aus. Die strukturelle Krise der Branche, die von Überkapazitäten geprägt sei, sei durch die Abwrackprämie nur verdeckt worden. "Die Abwrackprämie ist katastrophal. Sie ist ein konjunkturelles Strohfeuer, die Krise ist ins nächste Jahr verschoben, wenn viele Werkstätten und Händler schließen müssen." Sein Fazit: "Mit fünf Milliarden Euro ist eine große Wahlparty finanziert worden."

Stichwort
Von der Krise sind nicht nur die Hersteller und ihre Mitarbeiter, sondern auch Zulieferer betroffen. Im Verband der Automobilindustrie VDA sind 500 überwiegend mittelständische Zulieferer mit zusammen etwa 322.000 Mitarbeitern organisiert. Außerdem gibt es in Deutschland noch ein paar Hundert Kleinbetriebe, die dem Verband nicht angehören. Insgesamt beträgt die Zahl der Beschäftigten in der Branche mehr als 756.000. Nach VDA-Schätzungen hängen indirekt sogar fünf Millionen Arbeitsplätze an der Automobilindustrie - beispielsweise in Chemie- und Stahlkonzernen, Werkstätten und bei Autohändlern.