Abgasskandal Die EU-Kommission verliert die Geduld
Angesichts des Abgasskandals erhöht EU-Industriekommissarin Bienkowska den Druck. Sie fordert, dass bis Jahresende alle manipulierten Autos umgerüstet werden müssen. VW-Chef Müller sprach angesichts der Debatte um Fahrverbote von einer Kampagne gegen Dieselfahrzeuge.
Die EU-Kommission verliert im Abgasskandal die Geduld mit Mitgliedsstaaten und Autoherstellern. In einem Schreiben an alle Verkehrsminister der Mitgliedstaaten fordert EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska, manipulierte Fahrzeuge radikal aus dem Verkehr zu ziehen. Sollten etwa solche Autos von VW bis Ende dieses Jahres nicht umgerüstet sein, müssten sie ab 2018 stillgelegt werden.
Zugleich warf die EU-Kommission nationalen Prüfbehörden Versagen vor. So äußert sich Bienkowska bestürzt darüber, dass auch die neuen Verdachtsfälle bei Audi und Porsche nicht von den Aufsichtsbehörden entdeckt worden seien.
Besonders verärgert zeigte sich die Kommissarin über Volkswagen. Sie habe Firmenchef Matthias Müller vor etwa einem Monat aufgefordert, ihr detaillierte Daten über den Stand der Rückrufaktion zuzuschicken. Bislang aber habe sie keine Antwort von Volkswagen bekommen.
Warnung vor Diesel-Fahrverbot
Bienkowska warnte allerdings eindringlich vor dramatischen Folgen eines generellen Diesel-Fahrverbots. Politiker und Industrie könnten kein Interesse an einem "rasant kollabierenden Diesel-Markt infolge lokaler Fahrverbote" haben. "Das würde der Industrie nur die Mittel entziehen, in emissionsfreie Autos zu investieren."
Als äußerste Maßnahme zum Schutz der Bevölkerung schließt Bienkowska allerdings Fahrverbote nicht aus. Die Kriterien für solche Maßnahmen müssten ihrer Ansicht nach aber europaweit vereinheitlicht werden.
VW-Chef: "Kampagne" gegen Dieselmotor
In dieser Diskussion um Fahrverbote und den Schadstoffausstoß von Dieselfahrzeugen sieht Volkswagenchef Mathias Müller eine Kampagne, die bereits Folgen zeitige: "Die gegen den Dieselmotor laufende Kampagne ist heftig, der Marktanteil des Diesels rückläufig", sagte der VW-Vorstandschef der "Neuen Zürcher Zeitung".
"Doch man tut dem Diesel unrecht. Ich plädiere für eine sachliche, ausgewogene Diskussion." Die neuesten Diesel-Generationen seien "sehr gut", vor allem beim Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxid-Gases.
Audi ruft Diesel-Fahrzeuge in die Werkstatt
Die VW-Tochter Audi reagierte nun auf die Debatte und will 850.000 Fahrzeuge nachrüsten lassen. Über ein Softwareupdate soll das "Emissionsverhalten" von Autos mit Sechs- und Achtzylinder-Dieselmotoren mit den Abgasnormen Euro-5 und Euro-6 verbessert werden, wie Audi mitteilte.
Das Update sei für die Kunden kostenlos und in Europa sowie anderen Märkten außerhalb der USA und Kanada verfügbar. "Damit will Audi dazu beitragen, die Gesamtemissionen in den Innenstädten zu reduzieren", so das Unternehmen. Der Service gelte auch für Modelle der Marken Porsche und Volkswagen, die mit baugleichen Motoren ausgerüstet sind.
BMW plant hingegen keine Rückrufaktion, zumindest nicht vor einem Diesel-Gipfel der Bundesregierung in anderthalb Wochen: "Wir sehen dazu keine Veranlassung vor dem 2. August", sagte ein Sprecher des Münchner Autobauers. Es gebe keinen Grund zur Hektik.
Mit Informationen von Karin Bensch, ARD-Studio Brüssel