Vorwurf der Steuerhinterziehung Auftakt im "Sommermärchen"-Prozess
Seit heute müssen sich die drei Ex-DFB-Funktionäre Zwanziger, Niersbach und Schmidt vor dem Frankfurter Landgericht verantworten. Es geht um den Vorwurf der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der WM 2006.
Fast 18 Jahre nach dem sogenannten Sommermärchen bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 stehen drei der damaligen Organisatoren vor Gericht: die ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach sowie der frühere Generalsekretär Horst R. Schmidt. Laut Staatsanwaltschaft sollen sich die drei Angeklagten der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall schuldig gemacht haben. Alle drei früheren Topfunktionäre weisen die Vorwürfe klar zurück.
"Eine Steuerhinterziehung im Jahr 2006 ist ausgeschlossen", stellte Tilman Reichling, der Rechtsbeistand von Schmidt, zum Prozessauftakt am Landgericht Frankfurt klar. Der Anwalt von Ex-DFB-Präsident Niersbach forderte, das Verfahren komplett einzustellen. Wegen des Verbots der Doppelverfolgung und Doppelbestrafung liege ein Verfahrenshindernis vor. Alle drei Angeklagten hatten sich bereits 2020 wegen der gegen sie erhobenen Vorwürfe vor dem Schweizer Bundesstrafgericht verantworten müssen. Dieser Prozess war wegen Verjährung eingestellt worden.
Auch Hans-Jörg Metz, der Zwanziger vor Gericht als Anwalt vertritt, stritt die Anklagepunkte ab und warf der Staatsanwaltschaft vor, es gehe ihr mehr um "eine Prominenten-Verfolgung, als um die Wahrheitsfindung". "Außer Spekulationen finden wir in den Ermittlungsakten nichts. Es fehlt an den Voraussetzungen und Tätern für eine Steuerhinterziehung", betonte Metz. Zwanziger wird aber nicht die Einstellung des Verfahrens beantragen.
Anklage sieht Steuerschäden in Millionenhöhe
Das nun gestartete Verfahren dreht sich um eine Zahlung von 6,7 Millionen Euro, die der DFB im April 2005 an die FIFA überwiesen hatte. In seinem Jahresabschluss wies der DFB diese Zahlung als Betriebsausgabe für eine WM-Gala aus - wobei die Gala nie stattfand. In der Anklage heißt es daher, dass der Zahlung "tatsächlich ein anderer Zweck zugrunde gelegen" habe und "die Zahlung daher nicht steuermindernd habe verbucht werden dürfen".
Im Raum steht, dass das Geld möglicherweise im Zusammenhang mit Schmiergeld-Zahlungen stehen könnte.
Die Staatsanwaltschaft wirft den Ex-Funktionären laut Anklageschrift zudem vor, "im Rahmen ihrer damaligen Verantwortlichkeiten die Einreichung inhaltlich unrichtiger Steuererklärungen veranlasst und hierdurch Körperschafts-, Gewerbe- und Umsatzsteuern sowie Solidaritätszuschlag für das Jahr 2006 in Höhe von über 13,7 Millionen Euro zugunsten des DFB verkürzt" zu haben. Rechtsanwalt Reichling kritisierte, die Anklage habe den angeblich entstandenen Steuerschaden seit dem Jahr 2015 "mehr als vervierfacht, um das Verfahren aufzublähen".
Oberlandesgericht entschied gegen Einstellung des Verfahrens
Dem DFB war infolge der Vorwürfe rückwirkend für das betreffende Jahr die Gemeinnützigkeit aberkannt worden. Der Verband musste 2017 rund 22,5 Millionen Euro an Steuern nachzahlen. Eine Klage des DFB beim Finanzgericht Kassel liegt aber vorerst auf Eis - bis zum Abschluss des "Sommermärchen"-Prozesses, für den zunächst 16 Verhandlungstage angesetzt sind.
Ursprünglich hatte das Landgericht das Verfahren gegen das frühere DFB-Trio im Oktober 2022 eingestellt - als Folge des eingestellten Verfahrens in der Schweiz. Das Oberlandesgericht Frankfurt hob den Beschluss des Landgerichts im Mai 2023 jedoch auf und setzte das Verfahren wieder in Gang.