Hochprozentiges Nationalheiligtum gerettet Nur Österreicher produzieren Jagertee
"Der Jagertee ist für uns ein bisschen wie Andreas Hofer - ein Nationalheiligtum", sagt der österreichische EU-Politiker Mayer. Und er ärgert sich darüber, dass die Deutschen das hochprozentige Gesöff ebenfalls herstellen und unter demselben Namen verkaufen. Doch damit ist jetzt Schluss.
Von Martin Durm, ARD-Hörfunkkorrespondent Straßburg
Man hat's nicht leicht als Lobbyist - die Erfahrung macht Bruno Mayer gerade im Europäischen Parlament. Der Vertreter der österreichischen Genussmittelindustrie ist eigens von Wien nach Straßburg gereist, um vor Ort für den heimischen Jägertee zu kämpfen: "Der Jagertee ist ein Nationalheiligtum, ein bisschen wie der Andreas Hofer", sagt er.
Doch die für Österreich geradezu sinnstiftende Bedeutung des Jagertees scheinen etliche Abgeordnete im EU-Parlament nicht so recht zu erfassen. Dabei geht es im Parlament um nicht mehr und nicht weniger als um die so genannte Etikettierungsrichtlinie. Die soll garantieren, dass in alkoholischen Getränken auch drin ist, was drauf steht.
Fest verwurzelt in den Alpen
Da haben auch die Polen im Parlament ein Wort mit zu reden. Wodka müsse geschützt werden, sagt ein Delegierter aus Warschau, polnischer Wodka, aus Kartoffeln und Getreide gemacht. Schon richtig, meint Lobbyist Mayer. Aber was ist schon polnischer Wodka gegen österreichischen Jägertee, mit Rum und Zimt und mit großer Geschichte: "Jagertee hat seine Wurzeln in Österreich, bis um 1850, 1860 können wir das zurückverfolgen. Er wurde 'Jagd-Trank' oder 'Jäger-Trank' genannt, hat sich weiter entwickelt und im Bereich der Alpen zu einer großen Beliebtheit gefunden.“
Deutsche drängen sich in den Markt
Auf 40 bis 50 Volumenprozent kann es so ein echter Jagertee bringen. Das sind beeindruckende Werte für die österreichische Genussmittelindustrie. Das Problem besteht allerdings darin, dass seit Jahren auch deutsche Produzenten immer mehr Jagertee produzieren und ihn auch unter diesem Namen vertreiben. Ein klarer Verstoß gegen die EU-Spirituosenverordnung, sagt Mayer. Schließlich hat der Jagertee schon beim Beitritt Österreichs in die EWG eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt: "Schon damals wurde der Jagertee für Österreich exklusiv geschützt und dieser Schutz wurde auch beim Beitritt in die Europäische Union übernommen."
Damit wären die Österreicher auch zufrieden gewesen, wenn sich die deutsche Konkurrenz nicht so massiv auf den Markt gedrängt hätte: "Es war für die Österreicher etwas befremdend, dass man begonnen hat, auch im deutschen Bereich Jagertee-Produkte herzustellen. Wir sind davon ausgegangen, dass man sich an die geltende Rechtslage hält.“
Jagertee muss "Hüttentee" heißen
400.000 Liter verkaufen die Deutschen inzwischen als Jagertee. Die Österreicher, die nur 200.000 Liter mehr produzieren, wollen das so nicht mehr hinnehmen. Wenn die Etikettierungsrichtlinie demnächst kommt, wird sich die Situation zugunsten der Nachbarn ändern. Dann hat Österreich das unbestrittene Monopol auf den Begriff Jagertee - oder auch Jägertee und Jagatee genannt - die Deutschen haben sich nach zähen Verhandungen in Brüssel dazu durchringen können, ihr Produkt künftig nur noch als "Hüttentee" zu verkaufen. Zumindest eine Schicksalsfrage der Europäischen Union wäre damit geklärt - ein gutes Omen für den bevostehenden EU-Gipfel in Brüssel.