Jahresrückblick 1999 Skandal um die EU-Kommission
Nach massiven Korruptionsvorwürfen tritt die EU-Kommission unter Jacques Santer am 15. März zurück. Forschungskommissarin Edith Cresson steht im Mittelpunkt der Kritik - der Hauptvorwurf: Vetternwirtschaft. Der Italiener Romano Prodi wird Santers Nachfolger.
Am 14. Januar scheitert im Europäischen Parlament ein Misstrauensvotum gegen die vom Franzosen Jacques Santer geführte EU-Kommission nur knapp. Von da an wird die Kommission von einem Untersuchungsausschuss unter die Lupe genommen.
Stapelweise Akten werden von Journalisten zu Tage gefördert - Beweise für Skandale: Gelder für den Wiederaufbau Bosniens landen nicht bei den Bedürftigen in Sarajewo, sondern in Brüssel. Die EU-Kommissare genehmigen sich dafür neues Personal. Millionen für das Atom- oder Mittelmeerprogramm werden unzureichend kontrolliert.
Vorwurf der Vetternwirtschaft
Forschungskommissarin Edith Cresson steht im Mittelpunkt der Kritik. So habe sie bei einem Fortbildungsprogramm 100 Millionen Euro Verlust zu verantworten, heißt es. Doch vor allem ihre Vetternwirtschaft beschädigt das Ansehen der EU-Kommission in der Öffentlichkeit. Sie beschäftigt einen befreundeten Zahnarzt als Experten für Aidsforschung. Dass dem Freund eine Wohnung in Brüssel bezaht wird, macht Schlagzeilen. Kommissionspräsident Santer gelingt es nicht, sie zum Rücktritt zu bewegen.
Am 15. März überreicht der Untersuchungsausschuss seinen Abschlussbericht - ein verheerendes Urteil für die Kommission. Noch in der Nacht tritt die Kommission zurück. Ohne Führung stürzt die EU-Behörde in eine tiefe Krise, Entscheidungen werden monatelang nicht gefällt. Bis die Nachfolger kommen, macht die demissionierte Kommission lustlos weiter.
Romano Prodi wird Santers Nachfolger als EU-Kommissionspräsident. Im Juni stellt er sein Reformprogramm im Parlament vor.