Streit mit den Hohenzollern Des Kaisers Erben - und was sie fordern
Wohnrecht auf dem Potsdamer Schloss Cecilienhof, Rückgabe von mehreren Zehntausend Kunstobjekten - das Haus Hohenzollern stellt weitreichende Forderungen an Berlin und Brandenburg. Es geht aber um mehr als materielle Werte.
Potsdam ist beliebt. In den vergangenen 20 Jahren zogen kontinuierlich mehr Menschen in die ehemalige Residenzstadt der preußischen Könige, als von dort weggingen. Auch Georg Friedrich Prinz von Preußen kaufte sich eine Bleibe - in der Stadt seiner Vorfahren.
Als Familienoberhaupt der Hohenzollern fordert er von Berlin und Brandenburg mehrere ehemalige Besitztümer zurück. Darüber hinaus formuliert er Ansprüche auf Kunstobjekte, die sich in der öffentlichen Hand befinden. Heute steht in Berlin ein Gütetermin an.
Tausende Objekte
Die Forderungen des Hauses Hohenzollern sind in Geldwerte kaum zu fassen. Es geht um mehrere Zehntausend Objekte aus dem Bestand der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und des Deutschen Historischen Museums (DHM) in Berlin.
Zum Beispiel handele es sich um sogenannte Memorabilia - Erinnerungsstücke mit sentimentalem Wert - sowie Möbel, Textilien und Gemälde, die im ehemaligen Schloss Monbijou gegenüber der Berliner Museumsinsel ausgestellt waren. Das teilte ein Sprecher der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, Monika Grütters, auf Anfrage von tagesschau.de mit. Unter den Objekten befänden sich auch Gegenstände und Gemälde von erheblichem Wert und historischer Bedeutung. Das Büro der Kulturstaatsministerin ist federführend an den Gesprächen beteiligt.
Strittige Eigentums- und Besitzverhältnisse
Seit mehreren Jahren verhandelt Georg Friedrich, Ururenkel des letzten deutschen Kaisers, mit den Berliner und Brandenburger Institutionen über strittige Eigentums- und Besitzverhältnisse sowie über Entschädigungen. Die Regelung, die das Haus Hohenzollern nach Abdankung Wilhelms II. mit der preußischen Regierung im Jahr 1926 traf, wird von den heutigen Verhandlungsparteien unterschiedlich bewertet.
Es geht um Rechtspositionen, die sich nach Auffassung der Hohenzollern während der Zeit der sowjetischen Besatzung und der DDR veränderten.
Wohnrecht in den Schlössern entzogen
Die sowjetischen Besatzer hatten den Hohenzollern eine Kollaboration mit den Nazis vorgeworfen. Darüber hinaus entzogen sie ihnen unter anderem das Wohnrecht in den Schlössern im Osten Deutschlands. Mitte des Monats berichteten der "Spiegel" und der "Tagesspiegel" nun, dass Georg Friedrich neben den Rückgabeforderungen auch ein dauerhaftes unentgeltliches Wohnrecht für die Familie im Potsdamer Schloss Cecilienhof oder in zwei anderen Häusern in Potsdam fordert - dem Schloss Lindstedt oder in der Villa Liegnitz.
Der Stab von Kulturstaatsministerin Grütters lehnte laut "Tagesspiegel" die Forderung am 13. Juni per Brief ab. In dem Schreiben heiße es, dass die Vertreter Berlins, Brandenburgs und des Bundes keine geeignete Grundlage für erfolgsversprechende Verhandlungen sehen.
Georg Friedrich Prinz von Preußen. Das Haus Hohenzollern wolle für sich Rechtssicherheit schaffen, sagte sein Anwalt Markus Hennig.
Werben um Verständnis
Dennoch wird verhandelt. Markus Hennig, Anwalt des Hohenzollern-Hauses, warb zuletzt um Verständnis für seinen Mandanten. Er warnte vor einer "Skandalisierung". Angestrebt werde eine "einvernehmliche Gesamtregelung". Das Haus Hohenzollern wolle für sich Rechtssicherheit schaffen.
Im Gespräch mit tagesschau.de sagte Hennig, dass es sich bei dem sogenannten Gütetermin um eine schon vor den Presseveröffentlichungen anberaumte Bestandsaufnahme darüber handele, über welche Objekte überhaupt gesprochen werde. Im Februar dieses Jahres erst seien die Ermittlungen darüber abgeschlossen worden. "Die Parteien müssen sich die Frage beantworten, wie man effektiv und systematisch miteinander arbeitet und einen Modus operandi findet", so Hennig.
Positionen sehr weit auseinander
Das Büro der Kulturstaatsministerin Grütters teilte auf Anfrage mit, dass die Verhandlungen "mit dem Ziel geführt werden, eine dauerhafte Gesamtlösung für verschiedene Kunst- und Sammlungsgegenstände herbeizuführen". Zurzeit würden die Verhandlungspositionen noch immer sehr weit auseinander liegen.
Die beiden Preußenstiftungen und das DHM wollen sich während des laufenden Verfahrens nicht äußern. In einer Stellungnahme des Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Herman Parzinger, heißt es lediglich, dass die Institution wie auch die anderen betroffenen öffentlichen Sammlungen "aufgrund der unterschiedlichen Rechtsauffassungen zur Vermeidung von langwierigen und kostspieligen Gerichtsverfahren durchaus verhandlungsbereit" seien.
In der tagesschau vom 13. Juli 2019 hatte Parzinger darüber hinaus gesagt: "Wir sind kompromissbereit - wir wissen aber auch, welche Objekte in den Sammlungen bleiben müssen, weil sie in diesem Kontext ganz entscheidend sind." Beide Seiten wünschten sich, dass es nicht zu einer rechtlichen Auseinandersetzung komme.
Das Schloss Cecilienhof. Im Sommer 1945 verhandelten hier Stalin, Truman und Churchill über das weitere Vorgehen nach dem Sieg über Nazi-Deutschland.
Streit um Leihgaben
Offene Kritik kommt von Berliner Politikern. "Ein Ausräumen der Sammlungen und Museen, die über Jahrzehnte durch Steuergelder erhalten worden sind, wird nicht zu machen sein. Ein Wohnrecht in Cecilienhof ist vor dem Hintergrund der Geschichte auch ein No Go", so der Berliner Staatssekretär für Kultur, Torsten Wöhlert, in der "B.Z.". Das sei nach wie vor die offizielle Position der Verwaltung, sagte dessen Sprecher, Daniel Bartsch, im Gespräch mit tagesschau.de.
Die Diskussion wurde durch Meldungen angeheizt, dass das Haus Hohenzollern mehrere in Berliner Häusern ausgestellte Leihgaben zurückziehen wolle. Für die Museen im Jagdschloss Grunewald und im Neuen Pavillon des Schlosses Charlottenburg hätte es das Aus bedeutet. Hohenzollern-Anwalt Hennig bestätigte, dass Leihverträge gekündigt worden seien. Er dementierte jedoch, dass seine Mandanten zusätzlich Druck in den Verhandlungen aufbauen wollen. Die Hohenzollern wollen die historischen Sammlungen in den Museen für die Öffentlichkeit erhalten.
Finanzministerium setzt Hohenzollern Frist
Die Empörung vergrößerte sich danach durch Berichte, dass die Hohenzollern verlangten, im Seitenflügel des Schlosses Charlottenburg eine Ausstellung über ihre Dynastie einzurichten. Dazu fordere die Familie Mitspracherechte bei dessen Gestaltung. "Sie beanspruchen die Objekte und zugleich ihre Deutung", hieß es in der "FAZ".
Zuletzt setzte das brandenburgische Finanzministerium dem Haus Hohenzollern eine Frist. Bis zu diesem Mittwoch solle Georg Friedrich erklären, dass er auch auf Entschädigungszahlungen in Höhe von rund 1,2 Millionen Euro verzichtet. Ansprüche bestehen einem Bericht von "Spiegel Online" zufolge dann nicht, falls die Vorfahren des Prinzen "dem nationalsozialistischen System erheblich Vorschub geleistet hätten" - dieser Auffassung ist das Land Brandenburg. Bei dem Streit geht es also nicht nur um Geld, sondern auch um Deutungshoheit.