Gipfeltreffen in Brüssel EU ohne Finanzzusagen zum Klimagipfel
Die EU wird ohne konkrete Finanzzusagen in die Weltklimakonferenz von Kopenhagen gehen. Auf ihrem Gipfel verständigten sich die Staats- und Regierungschefs lediglich auf eine Verhandlungsposition. Die EU will demnach einen fairen Anteil an den öffentlichen Mitteln im Kampf gegen den Klimawandel übernehmen.
Ohne konkrete Finanzzusagen wird die Europäische Union an der Weltklimakonferenz in Kopenhagen teilnehmen. Die Staats- und Regierungschefs der EU einigten sich auf ihrem Brüssel lediglich auf eine Verhandlungsposition.
Demnach erwarten sie, dass zur Unterstützung der armen Länder ab 2020 weltweit öffentliche Mittel im Umfang von 22 bis 50 Milliarden Euro aufgebracht werden müssen. Welchen Anteil daran die EU schultern wird, ließ der schwedische Regierungschef und amtierende EU-Ratspräsident Fredrik Reinfeldt offen.
Erläutert die übliche Kompromisssuche: Kanzlerin Merkel
EU will fair bleiben
Die EU werde davon "einen fairen Anteil" übernehmen, versprach EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, ohne ins Detail zu gehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel fügte hinzu, Europa werde etwa ein Drittel der Kosten übernehmen.
Die gemeinsame Gipfel-Erklärung erhält keine derartige Festlegung, spricht sich aber für eine Aufteilung der Kosten nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und Treibhausgas-Emissionen aus. Damit müsste die EU einen erheblichen Anteil der Kosten übernehmen. Die EU-Kommission schätzt den auf Europa entfallenden Beitrag auf zwei bis 15 Milliarden Euro jährlich.
20 Prozent aus Deutschland
Der Anteil Deutschlands daran könnte laut Merkel bei zwanzig Prozent liegen - dies entspräche dem üblichen Verteilungsschlüssel in der EU und wäre dann 400 Millionen bis drei Milliarden Euro. Dies seien aber nicht allein staatliche Mittel, sondern auch Erlöse aus dem Verkauf von Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten.
Die Industrie soll sich nach den Erwartungen der EU ebenfalls mit Milliarden beteiligen. Insgesamt rechnen die Gipfelteilnehmer mit einem jährlichen Gesamtbetrag von 100 Milliarden Euro ab 2020.
Anschub nur freiwillig
Im Kopenhagen soll im Dezember über ein neues Klimaabkommen verhandelt werden, dass im Jahr 2013 in Kraft treten könnte. Schon zuvor wird nach Einschätzung der EU eine internationale Anschubfinanzierung von fünf bis sieben Milliarden Euro jährlich erforderlich sein. Daran wollen sich die Mitgliedstaaten nur auf freiwilliger Basis beteiligen.
Damit kam der Gipfel Polen und osteuropäischen Ländern entgegen. Diese verschmutzen die Luft stärker als andere EU-Staaten und hatten deshalb befürchtet, dass sie einen überproportionalen Beitrag leisten müssen. Zur Lastenverteilung in der EU wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Wann über deren Ergebnisse beraten wird, ist noch unklar.
Merkel bestritt, dass Europa seiner Vorreiterrolle ohne konkrete Zusage nicht gerecht werde. "Es gibt niemanden außer uns, der sagt, wir brauchen 2020 hundert Milliarden Euro", sagte sie auf ihrer Abschlusspressekonferenz. "Es gibt niemanden, der sagt, davon übernehmen wir ein Drittel." Reinfeldt vertrat die Ansicht, die EU habe jetzt "ein starkes Verhandlungsmandat".
Hilfe nur unter Bedingungen
Dem britischen Premier Gordon Brown zufolge sollen die Finanzerungshilfen an Bedingungen geknüpft werden. Merkel verlangte, andere Länder müssten "ähnliche Verpflichtungen auch finanzieller Art übernehmen". Sie verwies dabei insbesondere auf die Vereinigten Staaten, Indien und China. Frankreich und Italien schlossen sich dieser Position an.
Vertrag von Lissabon im Dezember in Kraft?
Nach der Verständigung auf eine Sonderklausel für Tschechien rechnet Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy damit, dass der Reformvertrag von Lissabon zum 1. Dezember in Kraft treten kann. Das stehe "außer Zweifel", sagte Sarkozy.
Tschechien wird in einer Ausnahmeklausel garantiert, dass die im Lissabon-Vertrag verankerte EU-Grundrechtecharta keine Rückgabeansprüche von Sudetendeutschen ermöglicht, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Tschechoslowakei vertrieben wurden.
Konservative Konkurrenten
Wer ständiger EU-Ratspräsident wird, ist weiter unklar. Da der britische Ex-Premier Tony Blair keine Ausssichten mehr auf den Posten hat, gelten nun zwei konservative Politiker als Favoriten. Der niederländische Ministerpräsident Jan Peter Balkenende und der luxemburgische Premier Jean-Claude Juncker werden als Favoriten gehandelt.
Lachende Rivalen: Jean-Claude Juncker und Jan Peter Balkenende.
Balkenende sagte dazu, er schließe nicht aus, dass ihm der Posten angeboten werde. Entsprechende Überlegungen seien aber verfrüht.