Wohnungsbau in Deutschland Radikal an staatliche Vorgaben ran
Wer wirklich mehr Wohnungen will, muss jetzt radikal an die staatlichen Vorgaben ran. Denn in der Summe haben diese Anforderungen Bauen und Wohnen immer teurer gemacht.
"Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ist eine der drängendsten sozialen Fragen unserer Zeit." Mit diesem Satz beginnt das Maßnahmenpapier der Bundesregierung zum Wohnungsbau. Wer wollte widersprechen angesichts steigender Mieten und des massenhaften Zuzugs aus dem Ausland, der die Nachfrage nach Wohnraum erhöht?
Baustandards sind deutlich höher geworden
Und doch frage ich mich, ob die Politik den Ernst der Lage wirklich erkannt hat. Bundeskanzler Olaf Scholz vergleicht die Lage heute mit der Lage Anfang der 1970er-Jahre: Damals wären doch bei Kreditzinsen von 9,5 Prozent 700.000 Wohnungen gebaut worden, da müsse an bei vier Prozent Zinsen heute doch zumindest die von der Regierung gewünschten 400.000 schaffen.
Wirklich? Sind nicht die Baustandards seitdem deutlich höher geworden, vor allem die Anforderungen der Politik? Für Lärmschutz, Brandschutz, die Vorgaben für die Begrünung und das Anlegen von Kinderspielplätzen. Für all das gibt es gute Gründe. In der Summe haben diese Anforderungen Bauen und Wohnen aber immer teurer gemacht.
Heute kommen noch die Vorgaben für den Klimaschutz und das barrierearme Wohnen hinzu. Alles völlig verständlich. Aber wer die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum wirklich für eine der drängendsten sozialen Fragen hält, muss Prioritäten setzen.
Länder und Kommunen sind in der Pflicht
Da reicht es auch nicht, wie nun angekündigt, auf eine geplante Verschärfung von Klimastandards zu verzichten - auch wenn das eine völlig richtige Maßnahme ist. Zumal der ökologische Effekt einer immer perfekteren Dämmung höchst zweifelhaft ist. Nein, auch die bestehenden Auflagen, die bestehenden Kosten müssen hinterfragt werden. Dabei ist nicht nur der Bund in der Pflicht, das gilt genauso für Länder und Kommunen.
Beispiel Länder: Die meisten von ihnen haben in den vergangenen Jahren die Grunderwerbsteuer erhöht und damit für höhere Kosten gesorgt. Beispiel Kommunen: Viele Städte haben Bauträgern immer mehr Vorschriften gemacht, zum Beispiel in Form einer Mindestzahl an sehr günstigen Wohnungen.
Mittlere Einkommen bleiben auf der Strecke
Was auf den ersten Blick sozial klingt, hat eine fatale Folge: Um die wirtschaftlichen Nachteile aus diesen Auflagen auszugleichen, werden im Gegenzug vor allem teure Wohnungen gebaut, mittlere Einkommensbezieher bleiben auf der Strecke.
Sowohl großen Wohnungsbaugesellschaften als auch Häuslebauern wird es so immer schwerer gemacht zu bauen. Das kann die Politik auch nicht mit staatlichen Wohnungsbauprogrammen ausgleichen.
Also: Wer wirklich mehr Wohnungen will, muss jetzt radikal an die staatlichen Vorgaben ran.
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