EU-Sondergipfel Wachstum lässt sich nicht herbeireden
Der Wille zu mehr Wachstum weist keinen Weg aus der Krise. Die Euro-Krisenländer müssen auf dem Spar- und Reformkurs bleiben, anders geht's nicht, meint Wolfgang Landmesser. Aber sie brauchen mehr Zeit, sonst geht ihnen die Luft aus. Als Madame No wird Kanzlerin Merkel die Krise auch nicht bewältigen.
Von Wolfgang Landmesser, WDR-Hörfunkstudio Brüssel
Der große Wurf für mehr Wachstum wird nicht kommen. Da können sich die Staats- und Regierungschef noch so oft zusammensetzen: Wachstum lässt sich nicht herbeireden oder herbeischreiben - auch nicht mit einem noch so schön formulierten Wachstumspakt.
Auch Eurobonds, die der neue französische Präsident jetzt als Wunderwaffe gegen die Krise verkauft, sind keine Lösung. Schon rein praktisch helfen sie nicht aus der Klemme: Weil sie einfach nicht so schnell umzusetzen sind, dass sie die hochverschuldeten Länder jetzt entlasten.
Und selbst wenn es rasend schnell ginge: Eurobonds wären im Moment wenig überzeugend und sogar gefährlich. Die neuen Instrumente zur stärkeren Kontrolle der Staatshaushalte laufen noch lange nicht rund. Erst wenn der Fiskalpakt mit seinen Schuldenbremsen greift und erst, wenn die Eurogemeinschaft deutliche Erfolge im Kampf gegen die Finanzkrise melden kann - erst dann sind gemeinsame Staatsanleihen schlüssig und auch politisch durchsetzbar.
Merkel als Madame No
Insoweit hat die Bundesregierung Recht. Aber als Madame No, die alles abblockt, wird Angela Merkel die Krise auch nicht bewältigen. Ihre Vorschläge gestern beim Abendessen können die akute Not ein wenig lindern. Also mehr und gezieltere Investitionen aus dem EU-Haushalt oder die europaweite Vermittlung von jugendlichen Arbeitslosen. Die Situation drehen können solche gut gemeinten Initiativen aber nicht.
Höhere Schuldenlast, mehr Druck
Der Spar- und Reformkurs in den Krisenländern muss weitergehen, das ist die ernüchternde Wahrheit. Neue kreditfinanzierte Wachstumsprogramme würden die Schuldenlast nur weiter erhöhen und die Länder beim Schuldenabbau noch stärker unter Druck bringen. Andererseits steigt das Risiko dramatisch, dass Spanien und Italien bei der sogenannten Konsolidierung die Luft ausgeht - je stärker sich die Rezession im Süden Europas festsetzt.
In dieser Situation hilft es nur, den Ländern je nach ihrer wirtschaftlicher Situation länger Zeit zu geben, um die Sparziele zu erreichen. Zugegeben, das ist eine schwierige Balance. Denn die Politik muss dabei glaubwürdig bleiben. Aber den einfachen Weg zu mehr Wachstum gibt es eben nicht.
Banken im Schlamassel
Gleichzeitig steht mit dem Euro-Wackelkandidaten Griechenland inzwischen die gesamte Währungsunion in Frage. Eine Pleite Griechenlands könnte einen Finanz-Tsunami auslösen. Schon jetzt versuchen Bankkunden in Spanien oder Portugal ihre Euro in anderen Ländern zu parken.
Wenn es nach einer Griechenland-Pleite zum Run auf die Banken kommt, würden sie reihenweise zusammenbrechen und die Wirtschaft vollends zum Erliegen kommen. Die Ansteckungsgefahr ist zwar nicht mehr so groß wie 2008 bei der Lehman-Pleite. Aber gerade in den südlichen Euroländern droht eine Kettenreaktion.
Spanien zum Beispiel zieht der Bankensektor schon jetzt immer tiefer in den Schlamassel. Die Regierung muss ständig neue Milliarden in Banken stecken, die am Rand der Pleite stehen. Das nimmt dem Land zusätzlich die Luft beim Sparen und Reformieren.
Die Eurozone muss also einen Weg finden, diesen Teufelskreis zu stoppen. Und die Bundesregierung muss offen sein für pragmatische Lösungen - statt zu allem Nein zu sagen.
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