Wahlsieg Robert Ficos Die Slowakei auf dem Weg in die Vergangenheit
Nach fünf Jahren meldet sich der Linkspopulist Fico in der Slowakei zurück. Sein Wahlsieg könnte unbequem für die EU werden. Innenpolitisch beamt sich das Land in die Vergangenheit.
"Ratet mal, wer zurück ist?!?", freut sich Viktor Orban auf der Plattform X, früher bekannt als Twitter. Es sei immer gut, mit "Patrioten" zusammenzuarbeiten, schreibt der Ministerpräsident von Ungarn über Robert Fico, den Wahlsieger in der benachbarten Slowakei. Der 59-Jährige war früher bekannt als Polterer gegen die EU, etwa in der Migrationspolitik, er regierte aber meist als Pragmatiker, nicht als Ideologe.
Nach der Ermordung des Journalisten Jan Kuciak musste Fico 2018 zurücktreten, weil er das Gesicht eines korrumpierten Staates war. Und den wollte eine Mehrheit der Bevölkerung damals nicht mehr tolerieren. Fünf Jahre später ist der Linkspopulist aus den Ruinen der slowakischen Innenpolitik, die seine Nachfolger hinterlassen haben, wiederauferstanden. Dem grandiosen Scheitern dieser Pro-Europäer hat Fico seinen Wahlsieg in erster Linie zu verdanken. Und auch dem Wunsch vieler Slowakinnen und Slowaken nach der Rückkehr von Stabilität. Eine radikale prorussische Rhetorik lag für den Machttaktiker außerdem nahe.
Wie reagieren die jungen Slowakinnen und Slowaken?
Auf die Rückkehr eines korrumpierten Staates stellen sich Ficos Gegner jedenfalls schon ein - vor allem auf Straffreiheit für seine Vertrauten. Und auch auf weitere Angriffe gegen liberale Politiker, gegen Nichtregierungsorganisationen oder die LGBTIQ-Gemeinschaft.
Noch in der Wahlnacht hatte das progressive Lager auf einen Überraschungssieg gehofft. Für die großen Städte, für Bratislava und Kosice, ist Ficos Sieg eine herbe Niederlage. Die slowakische Zivilgesellschaft ist allerdings stark und die Medienlandschaft lebendig.
Zum ersten Mal in den 30 Jahren der unabhängigen Slowakei sitzt nun die eindeutig liberale, pro-europäische Partei "Progressive Slowakei" im Parlament. Mit 18 Prozent ist sie stark genug für den Versuch, die politische Kultur positiv zu prägen. Doch viele junge, gut ausgebildete Slowakinnen und Slowaken müssen sich jetzt überlegen, ob sie in diesem Land noch ihre Zukunft sehen - oder ob sie weiter in den Westen ziehen, nach Tschechien, Skandinavien oder Deutschland - wie so viele andere vor ihnen.
Fico führte einen Desinformationswahlkampf
Die Slowakei dürfte sich innenpolitisch mindestens fünf Jahre zurück in die Vergangenheit beamen. Dabei steht zu befürchten, dass Fico das EU- und NATO-Land auch außenpolitisch auf den Kurs des "Patrioten" und Putin-Freundes Orban in Ungarn führt.
Die Slowakei hat nicht mehr viele Waffen, die sie Kiew liefern könnte, aber Fico erklärte auch, dass er einen NATO-Beitritt der Ukraine ablehnt und weitere Sanktionen gegen Russland blockieren will. Wie viel davon er in ein Regierungsprogramm gießen kann, wird von seinen Koalitionspartnern abhängen.
Der drittplatzierte Peter Pellegrini kann hoch pokern, weil ihn auch die Progressiven umwerben. Bisher will er die Slowakei auf westlichem Kurs halten. Ein unbequemerer Partner für Brüssel droht die Slowakei dennoch zu werden. Durch seinen Desinformationswahlkampf hat Fico prorussische Einstellungen in der Slowakei verstärkt und so insgesamt das Vertrauen in den Westen und die westliche Demokratie weiter erschüttert.
Kommentare geben grundsätzlich die Meinung des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin wieder und nicht die der Redaktion.