Französische Rentenreform Macrons Politik hängt am seidenen Faden
Gerade einmal neun Stimmen haben gefehlt, um die französische Regierung zu stürzen. Dass damit nun die umstrittene Rentenreform als angenommen gilt, ist allenfalls ein Pyrrhussieg für Präsident Macron und die Regierung.
Emmanuel Macron hat seinen politischen Willen bekommen. Die umstrittene Rentenreform ist durch im Parlament. Es ist ein Projekt, von dem Macron weder die Bevölkerung noch das Parlament überzeugen konnte und das er deshalb mit der parlamentarischen Brechstange des Artikel 49.3 durchgedrückt hat, anstatt eine verlorene Abstimmung zu riskieren.
Dabei ist Verlieren Teil des politischen Prozesses - aber offenbar der Teil, den Emmanuel Macron zumindest bei diesem Projekt nicht akzeptieren kann. Nicht bei seinem Prestige-Projekt, mit dem er in die zweite Amtszeit gegangen war und das sein politisches Vermächtnis werden soll. Dafür zahlt Macron einen hohen politischen Preis. In mehr als einer Hinsicht.
Ein politischer Offenbarungseid
Denn die Art und Weise, in der die Reform durchs Parlament gebracht wurde, treibt jetzt noch mehr Menschen auf die Straße, lässt die Gewerkschaften Sturm laufen und könnte dafür sorgen, dass die das Land bald wirklich komplett lahmlegen - was bisher trotz Streik- und Protestwelle nicht der Fall war.
Die Machtdemonstration der Regierung gegenüber dem Parlament ist für viele ein politischer Offenbarungseid. Denn sie bestätigt letzten Endes das Bild, das viele von Macron haben und sie in Gesprächen immer wieder zeichnen: das Bild des abgehobenen, uneinsichtigen Politikers, der für die Bevölkerung nur Verachtung übrig hat.
Macrons Politik hängt am seidenen Faden
Emmanuel Macron hat seinen politischen Willen bekommen - auch um den Preis, in den nächsten vier Jahren möglicherweise politisch manövrierunfähig zu sein. Neun Stimmen: Das ist sozusagen der seidene Faden, der die Regierung rund um Premierministerin Elisabeth Borne im Amt gehalten hat.
Es ist ein mehr als deutliches Zeichen, dass der Präsident und seine Regierung nichts, aber auch gar nichts geschenkt bekommen werden. 19 Abgeordnete der Konservativen Les Républicains haben für den Misstrauensantrag gestimmt, knapp ein Drittel der Fraktion. Es sind Abgeordnete der Partei, auf die das Regierungslager dringend angewiesen ist, um eine Mehrheit in der Assemblée Nationale zu haben. Die Abstimmung hat mehr als deutlich gezeigt, dass Macron und die Regierung sich - wenn’s hart auf hart kommt - nicht auf die Républicains verlassen können.
Gezerre um Reform noch nicht vorüber
Was noch dazukommt: Noch ist das Gezerre um die Reform nicht endgültig vom Tisch. Aller Voraussicht nach wird sich der Verfassungsrat damit beschäftigen. Und bis der sich geäußert hat, liegen die offizielle Verkündung und auch die Umsetzung auf Eis.
Bei der Rente hat Macron vorerst seinen politischen Willen bekommen. Aber er muss sich Gedanken machen, wie er den in den nächsten vier Jahren durchsetzen will. Oder kann.
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