Koalitionsausschuss Auf dem Boden der parteipolitischen Tatsachen
Mit ihrer Einigung nach der Marathonsitzung ist die Ampelkoalition endgültig zurück auf dem Boden der parteipolitischen Tatsachen. Vom "neuen Politikstil" ist angesichts der klaffenden Meinungsverschiedenheiten nichts mehr übrig.
Es klang nach Aufbruch, als die Ampelkoalition im Herbst 2021 startete: Statt Politik auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner versprach Olaf Scholz eine Politik der großen Wirkung. Robert Habeck meinte, Gegensätze könnten überwunden werden durch eine lernende Politik. Und Christian Lindner sagte, die drei Partner wollten sich nicht begrenzen, sondern erweitern.
Von diesem Aufbruch, von dem viel beschworenen neuen Politikstil ist - das haben die vergangenen Tage und Wochen gezeigt - nichts übriggeblieben. Und daran ist nicht der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine mit seinen Folgen für den Energiesektor schuld. Im Gegenteil: Die Krise hat die Konflikte, die in der Ampel von Anfang an angelegt sind, für eine Weile sogar übertüncht. Sie hat dazu beigetragen, dass sich die Ampel-Partner auf Lösungen geeinigt haben, die man ihnen ohne die Krise kaum zugetraut hätte: von der längeren Laufzeit der Kernkraftwerke bis hin zum schnellen Bau von LNG-Terminals.
Der nächste Streit droht bereits
Doch längst ist klar: Die Ampel ist auch nur eine Koalition wie jede andere. Eine Koalition, in der die verschiedenen Partner versuchen, ihre jeweiligen Interessen durchzusetzen. Das zeigt sich auch bei den Ergebnissen der fast 30-stündigen Koalitionsrunde. Die SPD bekommt die soziale Abfederung für alle diejenigen, die ab dem kommenden Jahr neue Heizungen einbauen. Die Grünen bekommen mehr Geld für die Schiene, finanziert über eine höhere Lkw-Maut. Und die Liberalen bekommen die Beschleunigung von Straßenbauprojekten und mehr Technologieoffenheit beim Erreichen von Klimaschutzzielen.
Wobei man unterm Strich feststellen muss, dass FDP und SPD in dieser Koalitionsrunde deutlich mehr erreicht haben als die Grünen. Das freilich deutet nicht auf eine dauerhafte Allianz. Denn schon bald könnte der nächste Streit folgen, der Streit um den Bundeshaushalt. Dabei dürfte dann wieder der klassische Graben zwischen eher ausgabefreudigen Sozialdemokraten und Grünen auf der einen Seite und den auf eine solide Haushaltspolitik pochenden Liberalen aufbrechen.
Gegensätze bleiben eben doch Gegensätze
Mit der Einigung zu Fragen der Planungsbeschleunigung und des Klimaschutzes sind die Konflikte der Koalition also nicht abgearbeitet. Insbesondere die Frage, wie stark der Staat in die Wirtschaft eingreifen soll oder wie stark die Politik auch in Sachen Klimaschutz auf die Kreativität der Wirtschaft setzen kann, wird ein solches Streitthema bleiben.
Gegensätze bleiben eben doch Gegensätze, das ist normal in der Politik. Sie sollten aber nicht jedes Mal in so quälend langen Runden ausdiskutiert werden wie diesmal geschehen. Das untergräbt das Vertrauen in die Fähigkeit der Politik, Krisen zu bewältigen.
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