Facebook-Datenmissbrauch Von wegen Panne - das ist das Geschäftsmodell
Die Vorwürfe gegen Facebook wiegen schwer, die Entrüstung weltweit ist groß. Doch sie ist auch scheinheilig. Denn das massenhafte Erstellen - und Verkaufen - von Datensätzen ist das Geschäftsmodell.
"Datenklau", "Diebstahl", "Panne", oder "Missbrauch" - das sind derzeit besonders häufige Worte um zu beschreiben, was gerade bei Facebook passiert ist. Und sie sind alle falsch. Es wurde nichts gestohlen. Keine Passwörter geknackt, keine Firewall durchbrochen, nichts auf dem Schwarzmarkt verhökert, kein Hacker trieb sich herum, wo er nichts zu suchen hat. Im Gegenteil: Was passiert, ist "business as usual".
Facebook sammelt Daten. Es erstellt Profile seiner Nutzer und verkauft sie an werbetreibende Unternehmen, Dienstleister, politische Parteien, Unterschriftensammler. Dieses Werbeprofil kann ich sogar einsehen und bearbeiten, zwar versteckt in den Tiefen meines Facebook-Kontos, aber das alles geschieht nicht geheim.
Musikgeschmack, Geburtsdatum, Konsumverhalten - alles bekannt
Samuel J. ist männlich, lebt im Ausland, hat im Frühling Geburtstag, ist beruflich häufig unterwegs, interessiert sich für Fußball, hört Metal-Musik, liest viele Zeitungen, ist kürzlich umgezogen, isst gerne italienisch.
Das alles weiß Facebook nicht, weil ich es dort rein geschrieben habe, sondern weil es mitliest, wenn ich im Netz einen Zeitungsartikel anklicke, ein Flugticket buche, Konzertkarten kaufe oder Pizza bestelle. Das habe ich Facebook erlaubt, als ich seine Geschäftsbedingungen akzeptiert habe. Das haben Gerichte und Behörden erlaubt, als sie Facebook haben gewähren lassen.
Überrascht zu sein, ist naiv
Man kann das beklagen. Und man kann Facebook vielleicht vorwerfen, dass es den Kern seines Geschäftsmodells seinen Nutzern verheimlicht. Und man muss Facebook bestrafen, wenn es gegen Datenschutzgesetze in den USA und in Europa verstoßen hat. Aber überrascht zu sein, wenn es tut was es immer tut, das ist naiv.
Wer Facebook nutzt, oder Google oder Instagram oder Twitter - die alle dasselbe im Sinn haben -, der nutzt es freiwillig. Wer Donald Trump wählt, tut es ebenfalls freiwillig und nicht, weil ihr oder ihm jemand das Gehirn gewaschen oder dunkle Mächte persönliche Daten geklaut haben.
Der Kunde als Produkt
Es gilt eine kapitalistische Faustregel: Wenn ein Dienst für seine Kunden kostenfrei ist, dann ist der Kunde selbst das Produkt. Die massenhafte Auswertung unserer Daten haben Facebook zu dem gemacht, was es ist: Ein Technologie-Konzern mit 40 Milliarden Jahresumsatz. Das waren wir. Beim Pizza bestellen oder Zeit totschlagen mit dümmlichen Quiz-Spielchen. Niemand hat betrogen, missbraucht oder gestohlen.
Jahrelang haben sich Facebook-Nutzer Gedanken gemacht, was sie anderen bei Facebook über sich preisgeben. Das war die falsche Frage: Entscheidend ist, was wir Facebook selbst über uns verraten.