Dreikönigstreffen der FDP Der dreifache Lindner
Manchen ist schon ein Christian Lindner in der deutschen Politik zu viel, doch die FDP bekommt nicht genug von ihm. Und wenn man genau hinschaut, gibt es in Wirklichkeit drei Lindners. Ob das auf Dauer gut geht?
Lindner Nummer 1: der Finanzminister. So einflussreich und sichtbar in der Bundespolitik war ein FDP-Mann lange nicht. Lindner kann Minister, er kann staatstragend in Kriegs- und Krisenzeiten. Und, ja, Lindner kann auch Kompromisse.
Dann ist da der Lindner Nummer 2: der pragmatische Parteichef. Der Mann der Verantwortung. Der erklärt, warum gerade seine FDP das Projekt mit zwei linken Parteien, so nennt es Lindner selbst immer wieder, betreibt und gigantische Schulden mitträgt, um nämlich das Land bestmöglich durch die Krise zu bringen. Ein Lindner, der erklärt, warum es zwar kein "FDP pur" gibt, aber doch gut ist, mitzuregieren.
Und dann gibt es noch den Lindner Nummer 3: den Parteichef, der provoziert und der irgendwie Oppositionspolitiker geblieben ist. Dieser Lindner hat es am schwersten - und er scheint wieder lauter zu werden.
Vier Schlappen, vier neue Chancen
Er muss es wohl auch: Denn die FDP dümpelt bundesweit knapp über der 5-Prozent-Hürde. Vier Landtagswahlschlappen im vergangenen Jahr, vier schwierige Landtagswahlen in diesem Jahr - da werden manche an der Parteibasis nervös. In Hessen oder Bayern zum Beispiel.
Wir brauchen mehr Profil und Profilierung, so lautet die Forderung von dort. Und die wird von Lindner unterstützt, wenn er hartnäckig von Steuersenkungen oder längeren Atomlaufzeiten spricht, Entlastungen für die Wirtschaft fordert. Wohl wissend, dass er damit kaum durchkommen wird und den Konflikt mit SPD und Grünen riskiert.
Es gibt Lindner also als staatstragenden Minister, als pragmatischen Parteichef und als Kritiker der eigenen Regierung. Nur: In welcher Rolle spricht er da eigentlich gerade, fragt man sich manchmal? Selbst einem souveränen Rhetoriker wie Lindner wird dieser Spagat wohl irgendwann misslingen. Was also tun?
Das Problem mit dem Personal
Die Rollen könnten natürlich auf mehrere Schultern verteilt werden, so wie es SPD und Grüne tun, bei denen kein Kabinettsmitglied auch an der Parteispitze steht. Doch da hat die FDP ein Personalproblem. Denn außer Lindner gibt es derzeit niemanden, der so klar die FDP verkörpert, so präsent, prominent und pointiert ist. Einen Nachfolger oder gar eine Nachfolgerin aufzubauen, hat bislang nicht geklappt. Trotz vieler Fachpolitiker und -Politikerinnen, die oft solide Arbeit machen.
Und so wird die FDP mit ihrem dreifachen Lindner an der Spitze weitermachen. Mit den Chancen, die ein Parteivorsitzender in der Regierung bietet - aber eben auch mit dem Risiko, dass das am Ende von vier Jahren Koalition schiefgeht.
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