Ampel im Dauerstreit Eine Untergangstruppe
Die Ampel war als Fortschrittskoalition gestartet, jetzt präsentiert sie sich als Untergangstruppe. Nach den Landtagswahlen könnte sich der Abgang dieser Koalition beschleunigen.
"Übergangsregierung" also. Schön, dass das jetzt auch mal gesagt wird. Die Ampel war ja schon so einiges. Sie ist als Fortschrittskoalition gestartet. Damals. Erinnert sich noch wer? "Mehr Fortschritt wagen" stand über dem Koalitionsvertrag. Ein bisschen Willy Brandt lag da in der Luft. Aufbruch. Merkel-Mief war gestern.
Kanzler Olaf Scholz sprach vom gemeinsamen Geist der Ampelparteien. Aber der Geist von damals ist nach drei Jahren zum Gespenst von heute geworden. Das Gespenst heißt Neuwahlen und die Übergangsregierung präsentiert sich als depressive Untergangstruppe auf der Suche nach einem Familientherapeuten.
Es fehlt auch die Ernsthaftigkeit
Der Kanzler lässt immerhin ausrichten, er sei kein Übergangskanzler und habe vor, sich wiederwählen zu lassen. Viel Glück, ruft da die staunende Öffentlichkeit, die sich fragt, wohin denn der Übergang dieser Koalition noch führen soll.
Und der grüne Vizekanzlerphilosoph Robert Habeck? Der versucht es mit der besonders originellen Erklärung: Jede Regierung sei doch eine Art Übergangsregierung bis zur nächsten Wahl. Ernsthaft?
Dieser selbsternannten Übergangskoalition fehlt es mittlerweile nicht mehr nur an einer gemeinsamen Erzählung. Es fehlt auch die Ernsthaftigkeit, sich noch zusammenreißen zu wollen.
Omid Nouripour, der tief frustrierte Grünenchef, spricht von einer befremdlichen Lust am Streit. Die Resignation tropft aus jedem seiner Sätze. Die Botschaft: Diese Ampel hat fertig.
Jetzt ist kein Geld mehr da für die Ukraine
Kein Thema, bei dem es nicht knirscht und knackt. Der Haushalt: beinahe versemmelt. Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht: vorerst vergeigt. Bürgergelddiskussion: entglitten. Kindergrundsicherung: verschoben. Jetzt die Ukraine-Hilfe durch merkwürdige Briefe eines FDP-Finanzministers ohne Not öffentlich in Frage gestellt. Alles so überflüssig und fahrlässig wie immer.
"Wir stehen an der Seite der Ukraine - as long as it takes." Das war der Kanzlersound. Jetzt ist kein Geld mehr da für Unvorhergesehenes in der Ukraine. Der verheerende erste Eindruck: Selbst bei Fragen von Krieg und Frieden geht bei der FDP die Schuldenbremse vor. Russlands Präsident Wladimir Putin wird es mit großer Freude zur Kenntnis nehmen.
Selbst wenn am Ende Deutschland die Ukraine natürlich weiter massiv unterstützt, bleibt hängen: So eine Kommunikation samt Regierungshandwerk schafft wirklich nur eine Übergangskoalition.
Nächste Wegmarke: die Landtagswahlen im Osten. Gut möglich, dass danach der Abgang der Übergangskoalition mächtig an Fahrt gewinnt.
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