AfD-Wahlsieg in Sonneberg Aus Überzeugung, Frust und Protest
Mit Forderungen, die ein Landrat nicht umsetzen kann, hat AfD-Kandidat Sesselmann die Wahl im thüringischen Sonneberg gewonnen. Geholfen hat ihm dabei auch der Zustand der anderen Parteien.
Sonneberg hat Geschichte geschrieben. Im zweitkleinsten Landkreis der Republik erobert die AfD zum ersten Mal ein Landratsamt. Mit Robert Sesselmann wurde ausgerechnet ein loyaler Gefolgsmann des gefährlichsten Rechtsextremisten innerhalb der AfD, ihrem Thüringer Landeschef Björn Höcke, zum Landrat gewählt.
Die Entscheidung haben die Wähler und Wählerinnen ganz bewusst getroffen: trotz aller Warnungen nach Sesselmanns 47-Prozent-Ergebnis im ersten Wahlgang. Trotz Wahlempfehlungen aller anderen Parteien für Sesselmanns CDU-Gegenkandidaten Jürgen Köpper. Diese Allparteienallianz hat vermutlich Sesselmann mehr geholfen als geschadet.
Zerstrittene CDU
Geholfen hat Sesselmann auch der Zustand der CDU im Kreis Sonneberg. Die Partei ist heillos zerstritten. Sie sitzt mittlerweile mit jeweils zwei Fraktionen im Stadtrat und Kreistag, wo die AfD eine unscheinbare Sachpolitik gemacht hat.
Gesetzt hat Sesselmann im Wahlkampf vor allem auf Themen, die nicht zur Wahl standen. Parolen wie "Raus aus dem Euro" wird er im Landratsamt Sonneberg nicht umsetzen können. Das wissen die meisten seiner Wählerinnen und Wähler.
Viel Frust und Unsicherheiten
Neben dem nicht unerheblichen Sockel an überzeugten AfD-Wählern haben viele auch Protest gewählt. Auch wenn der Kreis Sonneberg auf den ersten Blick wirtschaftlich ganz gut dasteht - Gründe für Frust gibt es genug.
Für Frust sorgen die anhaltenden Krisen, von denen Sesselmann profitiert hat. Die Coronakrise hat das Land entzweit. Der Krieg gegen die Ukraine verschärft dies noch. Viele bezweifeln, dass es richtig ist, immer mehr Waffen in die Ukraine zu schicken. Die Energiepreise sind für Privatleute und vor allem für die Wirtschaft eine immense Belastung. Es gehen wieder existenzielle Ängste um. Ganze Industriezweige - wie die regional bedeutende Glasindustrie -stehen vor dem Aus. Die ohnehin schon schlecht bezahlten Jobs drohen zu verschwinden.
Als Anti-Grüner positioniert
Sesselmann hat sich als Anti-Grüner positioniert. Die Ökopartei hat es in ländlichen Regionen im Osten ohnehin schon schwer. Wahlergebnisse unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde sind abseits größerer Städte eher die Regel als die Ausnahme.
Mit dem verkorksten Heizungsgesetz vom grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck und ihrer Haltung in der Flüchtlingspolitik haben die Grünen der AfD zudem zwei Steilvorlagen geliefert, die Robert Sesselmann in einen Wahlsieg umgemünzt hat.
Was folgt auf Sesselmanns Wahlsieg? Ein weiterer Siegeszug der AfD? Das muss nicht sein. Gerade bei den Themen Heizungsgesetz und Asyl- und Flüchtlingspolitik hat die Ampel-Regierung zuletzt nachgebessert und damit Lernfähigkeit bewiesen.
Um Sesselmanns Wahlsieg zu verhindern, kam dies jedoch zu spät. Dennoch ist es kein gutes Signal für die AfD. Wenn in Bund, Ländern und Kommunen Politik gemacht wird, die die Menschen verstehen und nachvollziehen können, tut sich die AfD schwer. Dann können Erfolge - wie der von Robert Sesselmann - eine Eintagsfliege bleiben.