Jahresrückblick 1964 Öffnung der Mauer: Ost-Berliner pilgern in den Westen
Am 30. Oktober 1964 öffnet sich nach mehr als 300 Tagen die Mauer zwischen Ost und West zum zweiten Mal. Bereits in den ersten 48 Stunden pilgern 110.000 West-Berliner in den Osten der Stadt, um Familienangehörige wiederzusehen.
Am 30. Oktober 1964 öffnet sich nach mehr als 300 Tagen die Mauer zwischen Ost und West zum zweiten Mal. Bereits in den ersten 48 Stunden pilgern 110.000 West-Berliner in den Osten der Stadt um Familienangehörige wiederzusehen.
In Ost-Berlin ist das neue Passierscheinabkommen unterzeichnet worden. 28 Mal haben der West-Berliner Senatsrat Korber und der DDR-Staatssekretär Wendt in diesem Jahr verhandelt. Die Entscheidung fiel am 24. September. Das Passierschein-Abkommen gilt zwölf Monate. Spätestens drei Monate vor Ablauf dieser Zeit soll über eine Verlängerung verhandelt werden.
Vier Wochen lang, Tag für Tag, warten die West-Berliner auf einen Antrag für ein lang ersehntes Wiedersehen. Für die ersten beiden Besuchsperioden werden etwa eine Million Passierscheine ausgegeben. Ein Passierschein kann für mehrere Personen gelten. 800.000 West-Berliner haben Verwandte im Osten der Stadt. Mehr als 570.000 Menschen passieren allein in den ersten beiden Wochen die Mauer. Am 12. November um Mitternacht müssen die letzten Besucher wieder Abschied nehmen.
Am 2. November rollt nach langen Jahren einmal wieder ein Zug von Ost nach West. Das Zonenregime erlaubt Mitteldeutschen im Rentenalter, ihre Verwandten in der Bundesrepublik und in West-Berlin zu besuchen. Mehr als 330.000 kommen alleine im November.
Am 13. August 1964, drei Jahre nach dem Mauerbau protestiert das freie Berlin mit einer Schweigestunde gegen die kommunistische Gewaltherrschaft.
Den Versuch, der Gewaltherrschaft des Zonenregimes zu entfliehen, bezahlen auch in diesem Jahr wieder Flüchtende mit ihrem Leben. Aber erstaunlich vielen glückte die Flucht über Stacheldraht, Minengürtel und über die Mauer. Durch einen Tunnel unter der Bernauer Straße gelingt Anfang Oktober 57 Ost-Berlinern die Flucht in den Westen.
Im August wird eine technische Zusammenarbeit zwischen Bundesrepublik und Zone für den Wiederaufbau der zerstörten Saale-Brücke bei Hof vereinbart. Die Kosten dafür trägt die Bundesrepublik. Arbeiter aus Mitteldeutschland werden die Brücke bis Ende 1966 fertigstellen.
Am 7. Oktober feiert die Zone mit Festparaden den 15. Jahrestag ihrer Gründung. Der SED-Parteichef gibt eine Amnestie für etwa 10.000 Strafgefangene bekannt. Leonid Breschnew, damals noch Parteisekretär, ist prominentester Gast in Ost-Berlin. Am 21. September stirbt der Ministerpräsident der Zone, Otto Grotewohl im Alter von 70 Jahren.
Am 12. Juni schließt Moskau mit Ost-Berlin einen Freundschaftsvertrag. Er wird vom Staatsratsvorsitzenden der Zone, Walter Ulbricht und Ministerpräsident Chruschtschow unterzeichnet. Es ist ein Vertrag über gegenseitigen Beistand und Zusammenarbeit und soll 20 Jahre gelten.