US-Flugzeugträger in Nahost Alles nur ein Bluff?
Eine klare Antwort an den Iran hat US-Sicherheitsberater Bolton mit der Entsendung eines Flugzeugträgers angekündigt. Doch vieles deutet auf eine lange geplante Fahrt hin.
"Als Antwort auf eine Reihe beunruhigender und eskalierender Indizien und Warnungen" senden die USA den Flugzeugträger "Abraham Lincoln" und eine Bomberstaffel aus dem Mittelmeerraum in den Nahen Osten - so hat es der nationale Sicherheitsberater John Bolton angekündigt. Es gehe um eine "klare und unmissverständliche Botschaft" an die iranische Regierung.
Das klingt nach einer militärischen Eskalation und einer Reaktion auf aktuelle Handlungen des Iran.
Mehrere US-Nahost-Experten verweisen jedoch auf eine Mitteilung der US-Marine, die bereits vom 8. April datiert. Demnach lief die USS "Abraham Lincoln" mit Begleitschiffen und U-Booten am 1. April zu einem regulär geplanten Einsatz aus Norfolk an der US-Ostküste aus. Genauere Angaben zur Fahrtroute wurden jedoch nicht gemacht.
Auf Weltreise
Mehr Klarheit lieferte die Website "Naval Today" der US-Marine-Industrie wenige Tage später: Die "Abraham Lincoln" sei derzeit im Mittelmeer aktiv, bevor sie weiter zum Persischen Golf fahre. Anschließend durchquere sie den Indischen Ozean, die Südchinesische See und den Pazifischen Ozean, bevor sie San Diego an der US-Westküste erreichen werde. Dort sei nach einer Generalüberholung und Modernisierung der neue Heimathafen der "Abraham Lincoln".
Die USS Abraham Lincoln verließ am 1. April den Hafen in Norfolk auf einer lange geplanten Fahrt.
Am 2. Mai dann veröffentlichte die US-Marine eine weitere Nachricht über den Besuch des albanischen Präsidenten Ilir Meta auf der "Abraham Lincoln". Er und seine Begleitung seien mit Helikoptern an Bord gebracht worden. Als Ortsmarke war die Adria im Mittelmeer angegeben.
"Aufwieglerische Rhetorik" über "Routineeinsatz"
Dies deutet darauf hin, dass sich die "Abraham Lincoln" ohnehin auf dem Weg in die Region befand. So zumindest deuten es mehrere US-Experten. Die Politikanalytikerin Becca Wasser von der Denkfabrik "Rand Corporation", die das US-Verteidigungsministeriun berät, schrieb: Es würden routinemäßig Flugzeugträger in die Region entsandt, um den Iran abzuschrecken.
Das Verteidigungsministerium habe in letzter Zeit die Anwesenheit von Flugzeugträgern variiert, um unvorhersehbar zu wirken. Die Wahrscheinlichkeit sei groß, dass der Einsatz der "Abraham Lincoln" lange geplant sei. Das Weiße Haus nutze geplante Operationen, um ein Statement zu machen.
Nahost-Experte Ilan Goldenberg vom "Center for a New American Security" in Washington äußert sich ganz ähnlich auf Twitter, die Bewegung des Schiffes sei nicht unüblich und wahrscheinlich ein Routineeinsatz. Die aufwieglerische Sprache Boltons hingegen sei ungewöhnlich und provokativ. Er vermute, dass Bolton lediglich eine Gelegenheit nutze, um zu versuchen, den Iran einzuschüchtern.
Was ist Bluff, was ist ernst gemeint?
Es wäre nicht das erste Mal, dass Statements des Weißen Hauses zumindest übertrieben sind: Im April 2017 kündigte US-Präsident Donald Trump im sich zuspitzenden Nordkorea-Konflikt an, dass der Flugzeugträger "Carl Vinson" ins Japanische Meer entsandt werde. Es stellte sich jedoch heraus, dass das Schiff noch Tausende Kilometer entfernt war und Übungen mit der australischen Marine absolvierte.
Im August 2017 sprach Trump dann im Hinblick auf Venezuela von "vielen Optionen, einschließlich einer militärischen, falls nötig." Sein damaliger Sicherheitsberater H.R. McMaster und der damalige Außenminister Rex Tillerson versuchten, ihm das auszureden.
Beide haben ihre Posten jedoch inzwischen verlassen. Ihre Nachfolger John Bolton und Mike Pompeo gelten im Vergleich dazu als Hardliner. Insbesondere Bolton lässt keinen Zweifel an seiner Position zum Iran. Bevor er Sicherheitsberater Trumps wurde, sprach er offen davon, in Teheran einen Regimewechsel herbeiführen zu wollen.
Unklarheit über "eskalierenden Aktivitäten der Iraner"
Insofern stellt sich die Frage, ob es lediglich bei der scharfen Rhetorik Boltons bleibt. In seinem Statement erklärte er, die USA wollten zwar keinen Krieg gegen den Iran führen. Aber sie seien vollends bereit, auf jegliche Attacke zu antworten. Pompeo seinerseits verwies wie Bolton "auf eskalierende Aktivitäten der Iraner", ohne zu erklären, was genau die US-Regierung darunter versteht.
Angeblich "klare Indizien"
Ein Mitarbeiter im US-Verteidigungsministerium legte nahe, dass es sich um eine Reaktion auf einen mutmaßlichen Angriffsplan des Iran handele. Es gebe "klare Indizien" dafür, dass Teheran und dessen Stellvertretermächte eine Attacke auf US-Truppen in der Region vorbereitet hätten. Potenzielle Ziele seien US-Streitkräfte auf See und an Land gewesen, sagte die Person der Nachrichtenagentur AP, ohne weitere Details zu nennen. Eine offizielle Aussage des Verteidigungsministeriums lag bislang nicht vor.
Angesichts der wenig detaillierten Aussagen wurde in den sozialen Medien Skepsis über die Ziele des Weißen Hauses laut - nicht zuletzt in Erinnerung an den Krieg gegen den Irak.