Bundestagsbeschluss Bund spart bei Prävention vor Einbrüchen
Ab 2023 gibt es vom Bund kein Geld für einbruchssichere Türen und Fenster mehr. Dabei nehmen die Straftaten wieder deutlich zu, wie Umfragen von Report Mainz unter den Landeskriminalämtern zeigen.
Am Ende war es das Fenster im Kinderzimmer, über das der Täter in die Wohnung stieg. Als die Familie zweieinhalb Stunden später zurückkam, war alles schon passiert. Die Schränke geöffnet, der Schmuck gestohlen. Vom Täter blieben Schuhabdrücke im Schnee. Passiert ist das nach Polizeiangaben am vergangenen Montag in einem Stadtteil von Hagen in Nordrhein-Westfalen. Es ist eine der vielen Straftaten, die in diesen Tagen die Ermittler beschäftigt.
Zum ersten Mal seit sechs Jahren gibt es wieder mehr Wohnungseinbrüche. Das geht aus einer Abfrage hervor, die das ARD-Politikmagazin Report Mainz unter den Landeskriminalämtern durchgeführt hatte. Noch haben die Beamten ihre Statistiken nicht abgeschlossen, doch die Tendenz geht fast überall deutlich nach oben. Einige Behörden sprechen sogar von Steigerungen von mehr als 30 Prozent im ersten Halbjahr 2022 im Vergleich zu 2021, etwa in Hamburg, Bremen oder Niedersachsen. Auch für die zweite Jahreshälfte wird mit einem deutlichen Zuwachs gerechnet.
In den zwei Pandemie-Jahren waren die Einbruchszahlen deutlich gesunken. "Die Menschen arbeiteten häufig von zu Hause, was für ein Einbrecher ein erhöhtes Entdeckungsrisiko bedeutete", so ein Sprecher der Hamburger Polizei im Interview mit Report Mainz. Nun beobachte man wieder eine Zunahme an Einbrüchen. Ob es am Ende genauso viele werden wie vor Corona oder sogar noch mehr, darauf gibt es bisher keine klare Antwort.
KFW-Förderprogramm eingestellt
Um so wichtiger ist aus Sicht von Experten die Prävention. In allen Bundesländern gibt es deshalb eigene Abteilungen. Sie beraten Bürgerinnen und Bürger, wie sie ihr Haus einbruchssicherer machen können. Es geht um einbruchssichere Türen, Fenster, Alarmanlagen. Gefördert wurden sie bisher auch von der Bundesregierung. Hauseigentümer und Mieter konnten über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bis zu 1500 Euro Förderung beantragen, finanziert aus dem Etat des Bundesbauministeriums. Mehr als 60.000 Mal wurde der Zuschuss laut KfW im vergangenen Jahr ausgezahlt - insgesamt 38,8 Millionen Euro.
Doch seit Sommer dieses Jahres können keine Anträge mehr gestellt werden. Die Fördermittel sind erschöpft und werden laut Bundesbauministerium auch nicht mehr aufgefüllt. Für das kommende Jahr habe der Deutsche Bundestag einen anderen Förderschwerpunkt gewählt, sagt eine Sprecherin auf Report Mainz-Anfrage. Das Geld gehe jetzt in andere Bereiche, etwa in den Klimaschutz.
Aus der Bundestagsfraktion der Grünen im Bundestag heißt es, die Entscheidung sei im Einvernehmen innerhalb der Koalition gefallen. Ähnlich äußert sich die SPD-Fraktion, die FDP machte keine Angaben.
Prävention war laut Experten wirksam
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) kritisierte im Gespräch mit Report Mainz die Einstellung des Programms. „In diesen Zeiten brauchen wir vor allem mehr Präventionsförderung, nicht weniger“, sagte Eike Bone-Winkel, stellvertretender Bundesvorsitzender des BDK. „Es geht am Ende um ein Mehr an Sicherheit.“ Die Jahre vor der Corona-Pandemie seien ein Beweis dafür.
Seit dem Jahr 2016 sanken die Einbruchsstraftaten stetig: von rund 151.000 auf mehr als 87.000 im Jahr 2019. "Das war auch eine Folge der Beratungsarbeit der Polizeien", sagt die Kriminologin Gina Wollinger im Gespräch mit Report Mainz. Sie forscht an der Hochschule der Polizei in NRW seit Jahren auch zu Wohnungseinbrüchen. "Wir sehen an den Zahlen auch, dass immer mehr Täter bei ihrem Einbruchsversuch scheitern. Etwa an einbruchssicheren Türen oder Fenstern." Das sind Dinge, für die es von der Bundesregierung in Zukunft keine Zuschüsse mehr gibt.