Mehr öffentliche Internetzugänge Regierung will WLAN-Ausbau fördern
Im Café im Internet surfen - das soll in Zukunft leichter werden. Die Bundesregierung will Anbieter von WLAN-Hotspots rechtlich besser schützen und so gleichzeitig mehr drahtlose Internetzugänge schaffen.
Im Café im Internet surfen - das soll in Zukunft leichter werden. Die Bundesregierung will Anbieter von WLAN-Hotspots rechtlich besser schützen und so gleichzeitig mehr drahtlose Internetzugänge schaffen.
Die Bundesregierung will mehr drahtlose Internetzugänge - sogenannte WLAN-Hotspots - in der Öffentlichkeit schaffen. Dafür will sie die Rechtssicherheit der Anbieter, wie etwa Cafés oder Hotels, stärken. Das Bundeskabinett hat einen entsprechenden Gesetzentwurf verabschiedet, der voraussichtlich im zweiten Quartal 2016 in Kraft treten soll. Es sei heutzutage "ein Grundbedürfnis, jederzeit und überall mobil und unkompliziert ins Internet zu kommen", betonte Bundeswirtschaftsminister Gabriel.
Viele Anbieter befürchten, für rechtliche Verstöße von Nutzern des drahtlosen Internetzugangs haften zu müssen. Beispielsweise wenn illegal Musik aus dem Netz runtergeladen wird. Um ihnen diese Sorge zu nehmen, will die Regierung das Telemediengesetz ändern.
Nutzer sollen Erklärung gegen Rechtsverletzungen abgeben
Der neue Gesetzesentwurf verpflichtet die Hotspot-Anbieter, ihr Netzwerk "angemessen" gegen einen unberechtigten Zugriff zu schützen. So müssen etwa die Router verschlüsselt werden. Außerdem soll der Zugang zum WLAN nur Personen gewährt werden, die vorher erklärt haben, keine Rechtsverstöße zu begehen. Das kann ganz leicht durch einen Mausklick passieren, bevor es mit dem eigentlichen Surfen losgeht. Wie genau ein Betreiber sein WLAN sichert, bleibt ihm selbst überlassen. Die so geschaffene Rechtssicherheit soll potenzielle weitere Betreiber von Hotspots dazu animieren, einen Internetzugang einzurichten.
Digitalverbände brachten Vorschläge in Entwurf ein
Schon im Koalitionsvertrag hatte die Bundesregierung einen Ausbau des WLAN-Netzes versprochen. Im März veröffentlichte sie einen ersten Gesetzentwurf. Dieser stieß aber bei Verbänden der Digital- und Internetwirtschaft auf Kritik. Er ginge ihnen nicht weit genug. So bemängelten die Verbände etwa, dass Privatpersonen, die ihren WLAN-Zugang ebenfalls öffentlich nutzbar machen möchten, völlig außen vor gelassen wurden. Sie legten einen eigenen Entwurf vor und konnten eine Reihe der vorgeschlagenen Änderungen durchsetzen. So entbindet der neue Gesetzentwurf Privatpersonen von der Pflicht, andere Nutzer ihres WLAN-Zugangs namentlich zu nennen. Dies gilt nach Angaben des Wirtschaftsministeriums für alle WLAN-Betreiber - egal, ob Privatmensch, öffentliche Bibliothek, Hotel oder Restaurant. "An alle Betreiber werden somit die gleichen Anforderungen gestellt", betonte Sigmar Gabriel.
Kritik aus Wirtschaft und Politik
Doch auch der jetzige Gesetzentwurf ruft erneut Kritik hervor. Die Hürden, um einen Zugang zu betreiben, seien nach wie vor zu hoch. Dadurch werde ein flächendeckender Ausbau des WLAN-Netzes gehemmt, heißt es von den Gegnern des Entwurfs. Laut dem Branchenverband Bitkom etwa bedeuten die von der Regierung geplanten "angemessenen Sicherheitsmaßnahmen", dass Hotspot-Anbieter Zugangscodes an jeden Nutzer vergeben müssen. Das sei technisch zu aufwendig. "Es sollte ausreichen, dass Nutzer die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des öffentlichen WLANs bestätigen", heißt es von Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder in einer auf der Bitkom-Website veröffentlichten Mitteilung.
Aus Sicht des Handelsverbands Deutschland (HDE) bergen die neuen Regelungen noch weitere wirtschaftliche Risiken. Sie würden die Digitalisierung im Einzelhandel gefährden. Jeder Kunde, der sich in einem Geschäft im WLAN einloggt, müsse künftig registriert werden. Doch gerade im Handel müssten die Kunden "schnell und einfach" auf die öffentliche Internetverbindung zugreifen können - beispielsweise beim Bezahlen per Smartphone an der Kasse, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stephan Tromp.
Auch aus den Reihen der Grünen erntete der Gesetzentwurf Widerspruch: Experten bewerteten ihn als Schritt hin zur Aufweichung von Grundrechten. Wer "die Anonymität im Netz durch einen vollkommen unausgegorenen Gesetzentwurf zur Störerhaftung offen infrage stellt, zeige nur, wie sehr er auch weiterhin mit allem Digitalen fremdelt",hieß es vom Grünen-Abgeordneten Konstantin von Notz. "Das Recht auf Anonymität müssen wir ausbauen statt es abzusägen."
Verstößt Gesetzentwurf gegen EU-Recht?
Verbraucherschützer hatten die geplanten neuen Regelungen bereits im Juli kritisiert. Der Gesetzesentwurf verstoße gegen EU-Recht. Die in der Europäischen Union geltende E-Commerce-Richtlinie verbiete es einzelnen Mitgliedsstaaten, weitergehende Bestimmungen auf nationaler Ebene zu treffen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband, der Verein Digitale Gesellschaft und der Förderverein Freie Netzwerke wollen darum einen leichteren Zugang zu öffentlichen Internetzugängen gleich auf höherer Ebene - bei der EU-Kommission - durchsetzen.
Deutschland hinkt beim Ausbau der öffentlichen Internetzugänge anderen Ländern weit hinterher. Derzeit kommen im Durchschnitt 1,87 Zugänge auf 10.000 Einwohner. Zum Vergleich: In Südkorea stehen derselben Einwohnerzahl 37 Zugänge zur Verfügung.