Ausbau Erneuerbarer Energien Gesetz soll Abstandsregeln für Windräder aushebeln
Bislang ist weniger als ein Prozent des Bundesgebiets für Windenergie an Land ausgewiesen. Die verfügbare Fläche soll nun deutlich mehr werden. Die Regierung plant dafür offenbar, Abstandsregeln für Windräder per Gesetz auszuhebeln.
Die Bundesregierung will offenbar die Hürden für den Ausbau der Windenergie einreißen und dazu etwa die Abstandsregelungen der Länder für Windräder aushebeln. Mit dem neuen Gesetzespaket sollen rund zwei Prozent der Fläche Deutschlands für Windräder reserviert werden, wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf den Gesetzentwurf berichtet. Um dies durchzusetzen, sollen demnach nicht nur das Planungs- und Baurecht, sondern auch das Naturschutz-Gesetz geändert werden.
Zwar können die Abstandsregeln für Windräder zu Wohngebäuden dem Vorhaben zufolge zunächst in Kraft bleiben. Verfehlt ein Bundesland aber seine Flächenvorgaben, werden diese Regelungen hinfällig, heißt es. Regierungskreisen zufolge soll das Vorhaben noch an diesem Mittwoch auf den Weg gebracht, so Reuters. Noch im Juni soll es vom Kabinett gebilligt und dann in den Bundestag eingebracht werden.
Nachhaltige Energieversorgung als Ziel
Die Bundesregierung begründet ihr Vorgehen mit einer dringend nötigen Beschleunigung des Ausbaus Erneuerbarer Energien. Gründe sind der Klimaschutz, wegen des Kriegs gegen die Ukraine aber auch sicherheitspolitische Aspekte. "Es ist Teil eines umfassenden Regelungspakets mit dem Ziel einer nachhaltigen und treibhausgasneutralen Energieversorgung, das den Ausbau der Erneuerbaren Energien drastisch beschleunigen und alle Hürden und Hemmnisse für den beschleunigten Ausbau aus dem Weg räumen soll", heißt es nach Reuters-Angaben im "Wind an Land"-Gesetz
Wesentliches Hemmnis für den Ausbau sei der Mangel an verfügbarer Fläche. Daher müssten zwei Prozent des Landes für Windräder ausgewiesen werden. "Dies erfordert mehr als eine Verdoppelung der ausgewiesenen Fläche in den kommenden Jahren."
Weniger als ein Prozent für Windenergie ausgewiesen
Derzeit sind lediglich rund 0,8 Prozent der Bundesfläche für die Windenergie an Land ausgewiesen. Nur 0,5 Prozent würden tatsächlich genutzt. Ziel der Regierung sei es, die Leistung der Windräder an Land bis zum Jahr 2030 auf 115 Gigawatt zu verdoppeln.
Mit dem Zwei-Prozent-Ziel sollen dann sogar 165 Gigawatt möglich sein. Bis zum Jahr 2030 sollen insgesamt 80 Prozent des Stromverbrauchs von Erneuerbaren Energien gedeckt werden, bis 2035 nahezu 100 Prozent.
Bund macht einzelnen Ländern Vorgaben
Um die Flächenziele durchzusetzen, sind im Windflächenbedarfsgesetz (WindBG) klare Vorgaben für jedes Land festgehalten: Bayern etwa muss bis Ende 2026 1,1 Prozent ausweisen und bis 2032 dann 1,8 Prozent. Gleiches gilt für Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfallen. Länder mit mehr Wind wie etwa Mecklenburg-Vorpommern haben Vorgaben von 1,4 und 2,1 Prozent.
Drohen diese Ziele verfehlt zu werden, fallen demnach auch die in den Ländern aufgestellten Abstandsregeln: "Mindestabstandsregelungen sind nicht mehr anwendbar, wenn die Flächenbeitragswerte des Landes nach dem WindBG nicht erreicht werden", heißt es. Auch andere Beschränkungen greifen dann nicht mehr. "Festlegungen in Raumordnungsplänen oder Darstellungen in Flächennutzungsplänen können ihnen fortan nicht mehr entgegengehalten werden."
Widerstand in den Ländern
Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, hatte mit Reisen in verschiedene Bundesländer zunächst versucht, diese zu einem freiwilligen Ausweiten der Windenergie-Flächen zu bewegen. Etwa in Bayern war er aber auf entschiedenen Widerstand gestoßen.
In Thüringen versucht die CDU - notfalls auch mit Stimmen der AfD - strengere Abstandsregeln gegen die rot-rot-grüne Minderheitsregierung durchzusetzen. Für die Ausbau-Ziele wird es auch Einschnitte im Naturschutz-Recht geben. "Der Betrieb von Windenergieanlagen liegt im überragenden öffentlichen Interesse und dient der öffentlichen Sicherheit", soll es dort nun heißen. Entsprechend werden die Flächen, die für Windräder infrage kommen, ausgeweitet.
Merz hofft auf Lösung im Thüringer Windrad-Streit
CDU-Parteichef Friedrich Merz hofft im Streit in Thüringen auf eine Lösung ohne die AfD. "Es gibt Gespräche und ich hoffe, dass es eine vernünftige Lösung gibt, ohne dass die AfD dazu benötigt wird", sagte Merz in der ZDF-Sendung "Markus Lanz". Es gehe um eine Lösung in Thüringen für die Abstandsregeln, "die die Bevölkerung dort will so wie auch in anderen Bundesländern", so Merz. "Nun können wir nicht jeden Antrag, den wir in der Sache für richtig halten, davon abhängig machen, ob die AfD dem zustimmt oder nicht."
Zuletzt hatte es in der Sache in Thüringen ein erstes Gespräch zwischen der rot-rot-grünen Minderheitskoalition und der oppositionellen CDU-Landtagsfraktion gegeben, wie beide Seiten zuvor mitgeteilt hatten. "Wir haben heute ernsthaft unsere Positionen ausgetauscht und vereinbart, auch in den kommenden Tagen dazu in Kontakt zu bleiben", sagte CDU-Fraktionschef Mario Voigt.
Regelungen für gefährdete Greifvögel
Für Greifvögel, die durch die Rotorblätter besonders gefährdet sind, gibt es detaillierte Regelungen je nach Art. Nisthilfen dürfen so von Vogelschützern im Umkreis von 1,5 Kilometern von Windenergie-Gebieten nicht mehr angebracht werden, damit sich solche Arten dort gar nicht erst ansiedeln.
Um die Vögel zu schützen, müssen die Windkraft-Betreiber in sensiblen Gebieten aber auch zeitweise die Windräder abschalten. Sie können aber auch Ausweichgebiete schaffen, um die Vögel aus der Region wegzulocken. Artenschutzprogramme, die von der Windbranche mitfinanziert werden müssen, sollen zudem dafür sorgen, dass zumindest landes- oder bundesweit die Anzahl der Vögel einer Art nicht sinkt.