Hochwasserlage in Deutschland Nun drohen Deichbrüche
Der Dauerregen und durchgeweichte Böden sorgen weiter für Hochwassergefahr in etlichen Gegenden Deutschlands. In Niedersachsen werden Deichbrüche befürchtet. Im Wesergebiet und an der Nordseeküste drohen Sturmfluten.
Tausende Helfer sind über Weihnachten wetterbedingt im Dauereinsatz: Wegen des anhaltenden Regens und der durchgeweichten Böden bleibt die Hochwassergefahr in etlichen Regionen akut. Deiche sind aufgeweicht und zum Teil gebrochen.
In Leer in Niedersachsen versuchen Hunderte Feuerwehrleute, Deiche mit Sandsäcken zu stabilisieren und Deichbrüche zu verhindern. Feuerwehrsprecher Dominik Janßen erklärte in der Nacht, in der ostfriesischen Gemeinde Langholt sei ein Deich stark aufgeweicht und drohe zu brechen. Der Deich sei inzwischen "wie ein Pudding".
Anwohner erhielten demnach eine Vorwarnung für eine mögliche Evakuierung, sollte die Lage sich weiter verschärfen. Eine Notunterkunft wurde bereits vorbereitet.
Auch im Landkreis Oldenburg droht laut Feuerwehr ein Deich instabil zu werden. Die Bewohner zweier Straßen müssten evakuiert werden, teilte die Feuerwehr in der Nacht zu Dienstag mit. Der Deich wurde durch das Hochwasser stark beschädigt, und Einsatzkräfte setzen alles daran, ihn mit Sandsäcken zu sichern.
Risse im Deich
In Hollen in der Gemeinde Uplengen war die Lage zeitweise "noch ein bisschen angespannter". Auch dort war ein Deich stark aufgeweicht, es habe einen "sehr hohen Wasserdruck" und erste Risse gegeben. Der Deich an dem Bach Hollener Ehe war demnach auf einer Länge von 500 Metern so weich, dass Sandsäcke nur mit einer Menschenkette der Einsatzkräfte transportiert werden konnten.
Später gab die Kreisfeuerwehr Leer vorsichtige Entwarnung für Hollen: "Die Deichsicherung ist vorerst abgeschlossen und die Lage weitestgehend unter Kontrolle."
Dritte Hochwasserwelle
Für die Flussgebiete der Oker und Innerste warnten die Behörden vor einer weiteren Verschärfung der Hochwasserlage. Da im Harz bis zum Dienstagvormittag weiterer Regen vorausgesagt sei, werde eine dritte Hochwasserwelle in den Zuflüssen zu den Talsperren erwartet. Dadurch würden sich die Harztalsperren so stark füllen, dass voraussichtlich mehr Wasser abgelassen werden müsse und dies führe dann zu einer deutlichen Verschärfung der Hochwasserlage, hieß es in einer Mitteilung.
"Sehr bedrohlich"
Doch nicht nur in Niedersachsen ist die Lage kritisch. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnt vor Dauerregen in mehreren Regionen. In Thüringen ist besonders der Ort Windehausen im Kreis Nordhausen betroffen. Dort spitzte sich die Hochwasserlage so zu, dass am ersten Weihnachtsfeiertag die komplette Räumung des knapp 500 Einwohner zählenden Ortsteils von Heringen notwendig wurde.
"Die Situation ist sehr bedrohlich, so ein Bild habe ich in der Goldenen Aue noch nicht gesehen", sagte der Bürgermeister der Stadt Heringen, Matthias Marquardt (Linke), der Nachrichtenagentur dpa. Das Wasser stand teilweise bis zu einem Meter hoch in dem Ort. Es gebe keinen Strom, keine Zufahrt und auch keine Festnetzverbindungen, beschrieb der Bürgermeister die kritische Lage. Außerdem funktionierten die Toiletten wegen der fehlenden Abflüsse nicht mehr. Den Einwohnern sei daher dringend angeraten worden, ihre Häuser zu verlassen. Die Menschen würden jedoch nicht mit Polizeigewalt aus ihrem Zuhause geholt, betonte der Bürgermeister.
Zweithöchste Alarmstufe in Teilen Sachsen-Anhalts
Auch in Sachsen-Anhalt hatte der Landesbetrieb für Hochwasserschutz gestern für mehrere Flüsse die zweithöchste Alarmstufe ausgerufen, darunter etwa die Mulde mitsamt ihren Zuflüssen, die Weiße Elster in Halle und im Saalekreis und die Ohre im Landkreis Börde.
Die sächsische Landeshauptstadt Dresden wappnet sich für einen weiter ansteigenden Pegelstand der Elbe. Im Bereich des Terrassenufers wurden gestern Nachmittag die ersten mobilen Flutschutztore aufgebaut. Und auch in Nordrhein-Westfalen dauern die Regenfälle weiter an, besonders stark betroffen sind die Weserzuflüsse im östlichen Landesteil.
In Bayern hat sich die Hochwasserlage dagegen weitestgehend beruhigt. In weiten Landesteilen werden mittlerweile gleichbleibende oder rückläufige Pegelstände verzeichnet. Lediglich in Unterfranken und Oberpfalz meldeten die Behörden aufgrund des Regens nach wie vor hohe oder leicht steigende Wasserstände.
Dauerregen und Sturmfluten
Doch es soll erstmal weiter regnen. Der Deutsche Wetterdienst sagte weiteren Dauerregen in mehreren Regionen voraus, vor allem von den westlichen Mittelgebirgen bis zum Harz, hieß es in einer DWD-Unwetterwarnung vom späten Montagabend. Außerdem werde es mancherorts stürmisch. An Bächen und Flüssen sei weiterhin Hochwasser zu erwarten. Neben Überschwemmungen könne es auch zu Erdrutschen kommen. Der Großteil des Landes bleibe im Einflussbereich milder und sehr feuchter Luftmassen.
Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) warnte vor Sturmfluten im Wesergebiet und an der niedersächsischen Nordseeküste. Konkret wurden Bremen, Bremerhaven, Elsfleth, Brake und Rechtenfleth an der Weser sowie Wilhelmshaven an der Nordsee genannt.
Auswirkungen auf Bahnverkehr
Auch die Bahn kämpft mit den widrigen Wetterbedingungen. Voraussichtlich noch bis Mittwoch ist der Bahnverkehr auf der Strecke zwischen Hannover und Magdeburg beeinträchtigt. IC-Züge würden in beiden Fahrtrichtungen umgeleitet und verspäteten sich dadurch um etwa 30 Minuten, teilte die Deutsche Bahn auf ihrer Internetseite mit. Hintergrund sind demnach Gleisunterspülungen auf der Strecke von Magdeburg nach Helmstedt.