Friedrich-Loeffler-Institut Vogelgrippe so schlimm wie nie in Europa
Schon der vergangene Winter hatte Deutschland und Europa eine verheerende Vogelgrippe-Welle gebracht. Nun entwickelt sich die Lage nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts noch dramatischer - und der Winter ist noch lang.
Überlagert von den Meldungen zur Corona-Pandemie spielt sich derzeit ein weiteres Drama weitgehend unbemerkt ab: "Wir erleben in Deutschland und Europa derzeit die stärkste Geflügelpest-Epidemie überhaupt", teilte das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf der Insel Riems der Nachrichtenagentur dpa mit. Täglich kämen neue Fälle hinzu, und das nicht nur bei Wildvögeln. "Ein Ende ist nicht in Sicht, die betroffenen Länder reichen von Finnland über die Faröer Inseln bis Irland, von Russland bis Portugal."
Allein in Deutschland wurden seit Anfang Oktober 394 Infektionen bei Wildvögeln wie Wildenten, Wildgänsen, Schwänen und Möwen erfasst, hauptsächlich entlang der Küste und insbesondere in Schleswig-Holstein. Zudem wurden vom FLI 46 Ausbrüche in Geflügelhaltungen registriert, allein 18 davon in Niedersachsen. Weitere Fälle betrafen Nordrhein-Westfalen (9), Mecklenburg-Vorpommern (8), Schleswig-Holstein (4), Berlin/Brandenburg, Bayern und Thüringen (jeweils 2) sowie Sachsen-Anhalt (1).
Auch Menschen sind potenziell gefährdet
Auch aus Kanada, Indien und Ostasien kämen Meldungen. Für die kommenden Winterwochen seien das keine guten Aussichten, hieß es vom Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit weiter. Es dominiere der Vogelgrippe-Subtyp H5N1, auch H5N8 komme in geringem Ausmaß vor.
H5N1 gilt auch für Menschen als potenziell gefährlich, eine Infektion kann in seltenen Einzelfällen tödlich enden. Für H5N8 wurden bisher nur wenige Übertragungen auf den Menschen erfasst. Mensch-zu-Mensch-Übertragungen sind für beide Subtypen bisher nicht nachgewiesen.
Mehr als 100.000 Hühner in Tschechien betroffen
Europaweit wurden den FLI-Daten zufolge in diesem Zeitraum 675 Infektionen bei Wildvögeln und 534 Ausbrüche in Haltungen erfasst. Hinzu kämen Einzelfälle bei Säugetieren: So seien in diesem Jahr bereits nachweislich Rotfüchse in den Niederlanden und Finnland, Kegelrobben in Schweden, Seehunde unter anderem in Deutschland und Fischotter in Finnland an Vogelgrippe erkrankt.
In Tschechien wurden nach dem Nachweis des Vogelgrippevirus Zehntausende Hühner getötet. Nach Angaben der Veterinärbehörden mussten insgesamt 80.000 infizierte Tiere gekeult werden, nachdem seit Ende vergangener Woche auf dem Hof in Libotenice nördlich von Prag bereits mehr als 100.000 Tiere der Seuche zum Opfer gefallen waren. Das nachgewiesene H5N1-Virus sei "sehr aggressiv" und töte die Tiere in rasender Geschwindigkeit, sagte ein Behördenvertreter. Demnach müssen auch mehr als eine Million Eier vernichtet werden.
Vogelgrippe führt zu Mangel an Eiern
Die Geflügelpest betrifft auch andere Regionen derzeit stark. So meldete das israelische Landwirtschaftsministerium kürzlich ein Massensterben in Legebatterien. Hunderttausende Tiere wurden getötet, um weitere Ansteckungen zu verhindern. "Das Landwirtschaftsministerium hat die Sorge, dass Menschen sich durch infizierte Legebatterien in der Nähe von Wohnhäusern anstecken könnten", hieß es zudem.
Es werde nun mit einem Mangel an Eiern auf dem israelischen Markt gerechnet - monatlich fehlten durch die Vogelgrippe etwa 14 Millionen Eier. Betroffen von der Krankheit sind nach Medienberichten in Israel auch etwa 20 Prozent der Kraniche, die als Zugvögel aus Südeuropa nach Israel kommen, um dort auf dem Weg nach Afrika Station zu machen.
Vergangener Winter wird wohl übertroffen
Die Vogelgrippe ist eine Infektionskrankheit vor allem bei Wasservögeln, die von Zugvögeln oft über weite Strecken verbreitet wird. Schon in der Saison zuvor hatte es von Herbst 2020 bis Frühling 2021 einen gravierenden Seuchenzug in Deutschland und Europa gegeben - der nun wohl noch übertroffen wird.
Die wichtigste vorbeugende Maßnahme zum Schutz von Geflügel sei die Kontrolle und Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen, hieß es vom FLI. Geflügelhalter könnten diese anhand der Tierseuchenampel unter https://risikoampel.uni-vechta.de überprüfen. "Andere Maßnahmen stehen derzeit nicht zur Verfügung."