Streit um Asylstatus syrischer Flüchtlinge Machtkampf in der Union?
Was ist los in der Union? Da prescht der Innenminister mit einem Plan zum Schutzsstatus syrischer Flüchtlinge vor, wird vom Kanzleramt öffentlich zurückgepfiffen und dann stellen sich Unions-Schwergewichte wie Schäuble hinter de Maizière. Die SPD spricht von einem Machtkampf.
Mit ihrer Politik der offenen Grenzen hat sich Kanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingskrise angreifbar gemacht, in den eigenen Reihen wächst der Widerstand. Doch trauen sich Merkels Kritiker auch, ihr die Gefolgschaft zu verweigern?
Dazu lohnt sich ein Blick auf das vergangene Wochenende. Da verkündet der Innenminister Thomas de Maizière in einem Interview, syrischen Flüchtlingen ab sofort nur noch einen zeitlich begrenzten Schutzstatus einzuräumen und den Familiennachzug auszusetzen. Das Kanzleramt dementiert, der Koalitionspartner empört sich, de Maizière muss seine Äußerungen öffentlich zurücknehmen.
Eine Kommunikationspanne offenbar, denn das Kanzleramt und dessen Minister und Flüchtlingskoordinator Peter Altmaier wusste nach eigener Aussage nichts von den Plänen des CDU-geführten Innenministeriums. Ende der Debatte? Mitnichten. Denn Innenminister de Maizière bekommt Unterstützung - von der CSU (das ist nicht weiter verwunderlich), aber auch CDU-Schwergewicht Wolfgang Schäuble stellt sich am Sonntagabend im Bericht aus Berlin klar hinter den Innenminister. Die Vize-Parteichefs Julia Klöckner und Armin Laschet sowie CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn äußern sich ebenfalls zustimmend. Und das Kanzleramt? Schweigt.
Was ist da los in der Union? Von einer Demontage Merkels spricht der SPD-Innenexperte Christian Flisek im Bayerischen Rundfunk. "Wenn ich sehe, dass der Flüchtlingskoordinator im Bundeskanzleramt Peter Altmaier diesen Vorschlag sehr schnell wieder einsammelt, sich dann aber anschließend Herr Schäuble als Finanzminister ins Fernsehen stellt und Herrn de Maizière unterstützt, dann ist das Ganze ein ganz erheblicher Beitrag zur Demontage der Bundeskanzlerin."
Und SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel vermutet gar einen "offen ausgetragenen Machtkampf, der ja seit Wochen und Monaten schwelt". Die SPD könne nicht hinnehmen, dass permanent in der Koalition Entscheidungen getroffen würden, die kurz darauf wieder infrage gestellt würden. Im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF sprach Schäfer-Gümbel von "permanenten Chaostagen" in der Union, was auch die Koalition als Ganzes belaste.
Ähnlich hatte sich auch SPD-Chef Sigmar Gabriel im Bericht aus Berlin geäußert. Er plädierte dafür, zunächst die in der Koalition getroffenen Vereinbarungen umzusetzen. "Niemand kann von der SPD erwarten, dass wir so im 24-Stunden-Takt mal öffentlich zu irgendwelchen Vorschlägen Ja oder Nein sagen." Es entstünde der Eindruck, "dass wir, ein bisschen lax gesprochen, jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf treiben".
Erst am vergangenen Donnerstag hatten die Spitzen der Koalition mühsam ihren Streit um die Transitzonen beigelegt. Ein Teil ihrer Einigung: Für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz wird der Familiennachzug ausgesetzt. Das betrifft rund 1700 Menschen. Nicht die Rede war davon, diesen Personenkreis auf syrische Flüchtlinge auszuweiten, wie de Maizière dann überraschend am Freitag verkündet hatte. Die Debatte dürfte heute in den Beratungen der Führungsgremien der Parteien fortgesetzt werden.
Wer in Deutschland einen Asylantrag stellt, erhält unter Umständen Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlingsschutz ist dies der Fall, "wenn sein Leben oder seine Freiheit in seinem Herkunftsland wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist."
Einen eingeschränkten Status - "subsidiären Schutz" - erhalten dagegen Menschen, die nicht unter die Genfer Flüchtlingskonvention oder das deutsche Grundrecht auf Asyl fallen. Sie müssen zwar nicht in die Heimat zurück, etwa weil ihnen dort Todesstrafe oder Folter drohen oder Bürgerkrieg herrscht. Anders als Menschen mit Asyl- oder Flüchtlingsstatus bekommen sie aber zunächst nur eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr, die verlängert werden kann.