Beratung im Bundestag Wissing verteidigt digitales 49-Euro-Ticket
Nach langem Gerangel soll das 49-Euro-Ticket im Mai eingeführt werden. Bei der ersten Beratung der Pläne im Bundestag gab es heftige Kritik an offenen Punkten. Verkehrsminister Wissing machte klar, in welchen Formen das digitale Ticket erhältlich sein soll.
Knapp drei Monate vor dem angestrebten Beginn schwelt weiter Streit über praktische Fragen beim 49-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr. Bundesverkehrsminister Volker Wissing verteidigte im Bundestag erneut die geplante elektronische Form des neuen bundesweiten Angebots. Ein digitales Ticket bedeute nicht, dass man immer ein Handy brauche - das könne es auch als Chipkarte geben, sagte der FDP-Politiker bei der ersten parlamentarischen Beratung über die vorgesehene Finanzierung. "Wir brauchen in Deutschland kein Sparbuch, um Geld abzuheben. Und wir brauchen kein Papierticket, um Bus oder Bahn zu fahren."
Die Opposition monierte zahlreiche ungeklärte Punkte. Wissing warb für das "Deutschlandticket", das "ein Multitalent" sein werde. Es stärke klimafreundliche Mobilität, erhöhe die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und entlaste Bürgerinnen und Bürger. Geschaffen werde zudem der Einstieg in einen intermodalen Verkehr mit der Kombination verschiedener Verkehrsmittel, der digital gesteuert werde.
Der Minister wies Einwände zurück, dass das Ticket nur in der Stadt etwas bringe und in ländlichen Regionen nichts. Da die Fahrpreise auf dem Land höher seien, sei dort auch die Entlastungswirkung durch das Ticket deutlich höher als in Städten.
1,5 Milliarden Euro zusätzlich
Wissing brachte einen Gesetzentwurf zur Finanzierung des künftigen Angebots ins Parlament ein. Demnach will der Bund von 2023 bis 2025 jeweils 1,5 Milliarden Euro zusätzlich geben, um Einnahmeausfälle bei Verkehrsanbietern zur Hälfte auszugleichen. Für die andere Hälfte sollen die Länder aufkommen.
Von der Opposition kam Kritik. Michael Donth (CDU) sprach von einer prinzipiell guten Idee, aber einer schlechten Umsetzung. "In der Schule gäbe es wahrscheinlich die Note Vier minus." So sei die Finanzierung bis Jahresende gesichert, danach sei der Umgang mit möglichen Mehrkosten aber unklar. Donth wies auch darauf hin, dass nicht alle Busunternehmen Lesegeräte für Chipkarten hätten. Unklar seien zudem die Einnahmenverteilung unter den Verkehrsunternehmen und eine mögliche Anrechnung auf Semestertickets von Studierenden.
Wolfgang Wiehle (AfD) kritisierte die Pläne als "49-Euro-Murks". Das Ticket nutze denen, die schon einen guten Nahverkehr hätten. Es sorge aber nicht für neue Linien, Geld für den Ausbau fließe stattdessen in das verbilligte Angebot. Zudem werde das Geschäft etwa von Fernbussen und Fernzügen kannibalisiert.
Richtige Richtung, aber keine Mobilitätswende
Der Linke-Abgeordnete Bernd Riexinger sagte, das Ticket gehe in die richtige Richtung, sei aber noch lange keine Mobilitätswende. Wenn kein Geld nachgeschossen werde, seien Preiserhöhungen beim 49-Euro-Ticket zudem jetzt schon programmiert.
Die SPD-Fachpolitikerin Dorothee Martin verteidigte dagegen die Pläne, die für "die größte Revolution im Nahverkehr seit Gründung der Bundesrepublik" stünden. Der Preis von 49 Euro sei für viele Menschen attraktiv und günstiger als der Großteil der heutigen, nur regional geltenden Abos. Um den Zugang am Anfang zu erleichtern, solle das Ticket zunächst auch in Papierform angeboten werden.
Chance auf nachhaltige Veränderung
Berlins Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) sprach von einer Chance auf eine nachhaltige Veränderung. Diese gebe es aber nur, wenn das günstige Ticket mit einer "Sanierungs- und Ausbauoffensive für das deutsche Schienennetz" verbunden werde. Ziel müsse sein, den Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern und es immer mehr Menschen zu ermöglichen, ihr Auto stehen zu lassen.
Das Ticket soll zum Einführungspreis von 49 Euro im Monat zum 1. Mai starten und an das beliebte 9-Euro-Ticket aus dem Sommer 2022 anknüpfen. Vorgesehen ist ein digital buchbares, monatlich kündbares Abo. Zu dem Entwurf folgen im Bundestag weitere Ausschussberatungen, zustimmen muss dann auch noch der Bundesrat.