Illegaler Waffenexport Sig Sauer muss Millionenbetrag zahlen
Über den Umweg der USA nach Kolumbien: Eine nicht genehmigte Ausfuhr von 38.000 Pistolen kommt den Waffenhersteller Sig Sauer teuer zu stehen. Der Bundesgerichtshof billigte die Einziehung von rund 11 Millionen Euro.
Zwischen 2009 und 2011 landeten in Kolumbien 38.000 Pistolen des deutschen Unternehmens Sig Sauer. Waffenexporte nach Kolumbien waren damals nach deutschem Recht verboten, denn im Land tobte ein schlimmer Bürgerkrieg. Die Menschenrechtslage wurde vom Auswärtigen Amt als ernst eingestuft.
Um in Kolumbien trotzdem ins Geschäft zu kommen, ließ man sich bei Sig Sauer etwas einfallen: Für die Pistolen besorgte sich das schleswig-holsteinische Unternehmen mit Sitz in Eckernförde eine Exportgenehmigung für die Lieferung in die USA. Schriftlich erklärte Sig Sauer, dass die Pistolen auch in den USA verbleiben würden. Diese wurden anschließend an das US-Tochterunternehmen des Konzerns, Sig Sauer Inc., geliefert. Von dort gingen die Schusswaffen direkt weiter an die kolumbianische Nationalpolizei.
Umsatzerlöse dürfen eingezogen werden
2019 verurteilte das Landgericht Kiel drei frühere Manager des Konzerns zu Bewährungs- und Geldstrafen. Diese Urteile wurden rechtskräftig, die Verurteilten verzichteten auf Rechtsmittel. Zugleich ordnete das Gericht an, dass die Umsatzerlöse von rund elf Millionen Euro eingezogen und an die Staatskasse gezahlt werden müssen.
Gegen die Einziehung des Geldes legten drei betroffene Gesellschaften der Unternehmensgruppe Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) ein. Ohne Erfolg. Der BGH hat die Einziehung des Millionenbetrages nun höchstrichterlich gebilligt (Aktenzeichen: 3 StR 518/19). In seiner Urteilsbegründung machte der Vorsitzende Richter Jürgen Schäfer deutlich, warum diese Maßnahme so wichtig ist:
Damit soll das Bewusstsein dafür geschärft werden, dass sich derartige Geschäfte nicht lohnen, Aufwendungen hierfür nutzlos sind und es deshalb wirtschaftlich sinnvoller ist, wirksame Kontrollmechanismen zur Verhinderung solcher Straftaten einzurechnen.
"Ein wenig Rehabilitation für die Tausenden von Toten"
Für einen Konzern ist es oft besonders schmerzhaft, wenn er einen hohen Millionenbetrag abgeben muss. Bewährungsstrafen für ehemalige Mitarbeiter lassen sich dagegen vergleichsweise gut verkraften. Vertreter von Sig Sauer beziehungsweise Anwälte des Konzerns waren nicht vor Ort in Karlsruhe, dafür aber diejenigen, die mit ihren Strafanzeigen den Strafprozess ins Rollen gebracht hatten.
Zu ihnen zählt Jürgen Grässlin, der mit einem Aktionsbündnis namens "Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!" schon seit vielen Jahren gegen Waffenexporte kämpft. Er ist mit dem Urteil hochzufrieden:
Das Signal ist ganz eindeutig in die Industrie hinein: Illegaler Waffenhandel lohnt sich nicht. Ganz im Gegenteil. Wenn man illegal Waffen exportiert, muss man mit hohen Zahlungen an den Staat rechnen. Und natürlich auch mit Schuldsprüchen gegenüber den politisch und wirtschaftlich Verantwortlichen.
Unterstützt wird das Aktionsbündnis von Rechtsanwalt Holger Rothbauer. Er spricht von einem historisch bedeutsamen Urteil: "Es ist, nach dem Heckler&Koch-Urteil vom gleichen Senat, ein wirklich grandioses Urteil gegen die Waffenindustrie. Es gibt vielleicht ein wenig Rehabilitation für die Tausenden von Toten in Kolumbien, die reihenweise mit Sig Sauer-Pistolen erschossen worden sind."
Managern droht weiteres Strafverfahren
Es ist nicht der erste Erfolg für die Waffenexport-Gegner. Vor Jahren hatten sie den deutschen Waffenhersteller Heckler & Koch angezeigt, weil dieser illegal Sturmgewehre nach Mexiko exportiert hatte. Ende März dieses Jahres urteilte der BGH, dass Heckler & Koch Umsatzerlöse von rund drei Millionen Euro an die Staatskasse zahlen muss. Außerdem waren zwei frühere Mitarbeiter zu Bewährungsstrafen verurteilt worden, diese wurden vom BGH bestätigt.
Sig Sauer wird vermutlich auch weiterhin in den Schlagzeilen bleiben. Managern des Konzerns droht ein neues Strafverfahren. Seit dem vergangenen Jahr ermittelt die Staatsanwaltschaft Kiel aufgrund von weiteren Vorwürfen. Nach Recherchen des SWR soll das Unternehmen Waffen nach Mexiko geliefert haben, ohne dass die Exporte genehmigt wurden.