Bund stellt Flyer vor Schutzbrief gegen Genitalverstümmelung
Die Bundesregierung will Mädchen und Frauen besser vor Genitalverstümmelung schützen. Frauenministerin Giffey hat dazu einen Schutzbrief mit Informationen über die Konsequenzen vorgestellt.
Von Nina Amin, ARD-Hauptstadtstudio
Er sieht einem Reisepass ähnlich, ist blau und hat einem Bundesadler auf der Vorderseite. Ein offizielles Dokument ist es nicht, eher ein Flyer. Darin: Infos über Hilfsangebote sowie rechtliche Hinweise. Denn, sagt Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD): "Wir wollen handeln gegen eine der schlimmsten Menschenrechtsverletzungen auf der Welt."
68.000 Frauen in Deutschland haben laut Giffey diese schwere Körperverletzung erlitten und leiden ihr Leben lang darunter. Etwa 15.000 minderjährige Mädchen in Deutschland seien davon bedroht, so die Ministerin. Meist geschieht es in den Ferien, wenn sie ihre Familien in ihren Herkunftsländern besuchen.
Bis zu 15 Jahre Haft
Mit dem Schutzbrief in der Hand könnten sie künftig klarmachen, dass Genitalverstümmelung eine schwere Straftat ist: "Es drohen bis zu 15 Jahre Haftstrafe, um das auch ganz klarzumachen. Und das gilt auch, wenn diese Genitalverstümmelung im Ausland gemacht wird. Und auch dann, wenn die Eltern ihre Kinder nicht davor schützen, nicht bewahren.", so Giffey.
Sieht aus wie ein Reisepass: Der neue Schutzbrief gegen Genitalverstümmelung.
Der Schutzbrief soll in mehrere Sprachen übersetzt und auch in Beratungsstellen und Arztpraxen verteilt werden. Für Gwladys Awo ist es ein wichtiges Dokument. Sie ist Vorsitzende des Vereins Lessan e.V., der sich gegen Genitalverstümmelung einsetzt. Manchmal, schildert Awo, möchte sie einfach aus ihrer Beratung gehen und schreien: "Ich habe Mädchen begleitet, die von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen sind. Das tut sehr weh, wenn man ein 8-jähriges Mädchen sieht, deren Klitoris komplett zugenäht ist."
"Schutzbrief wird Eindruck machen"
Mit dem Schutzbrief könne sie nun Eltern etwas mit auf die Reise geben, um ihre Töchter zu beschützen: "Irgendwann ruft die Familie von zu Hause aus an und sagt, deine Tochter ist jetzt zwei oder vier oder acht Jahre alt und wir werden deine Tochter jetzt genitalverstümmeln."
Der Flyer, mit offiziellen Unterschriften von fünf verschiedenen Bundesministerinnen und -ministern werde Eindruck machen, da ist sich Awo sicher. Bundesfamilienministerin Giffey nennt ein weiteres wichtiges Argument, mit dem die Mädchen geschützt werden können: Die Eltern können ihren Aufenthaltstitel in Deutschland verlieren:
"Das ist, glaube ich, ein ganz entscheidener Punkt, auch in der Diskussion mit den Familien. Die sagen, das ist unsere Tradition und das muss jetzt geschehen. Wenn die Aufenthaltserlaubnis der Verwandten in Deutschland droht zu erlöschen, dann drohen die Zahlungen, die in diese Länder als Unterstützung der Verwandten geht, genauso zu erlöschen."