Fall Schlesinger rbb-Verwaltungsratschefin räumt Mängel ein
Im rbb habe es zu viele individuelle Freiheiten und zu wenig Kontrollen gegeben. Das habe die Skandale um Ex-Intendantin Schlesinger begünstigt, sagte die rbb-Verwaltungsratschefin König im Brandenburger Landtag.
Die amtierende Verwaltungsratschefin des Rundfunks Berlin-Brandenburg, Dorette König, hat Mängel in der Gremiumsarbeit rund um die Causa Schlesinger eingeräumt. Bei der Arbeitsaufteilung habe es ein Ressortprinzip gegeben, das Einzelnen "sehr viele Freiheiten" gegeben habe, sagte sie im Hauptausschuss des brandenburgischen Landtags. Dort fand eine Sondersitzung zur rbb-Affäre statt.
Mit der Ressortzuteilung in dem Kontrollgremium, das die Arbeit der Intendantin überwachte, wollte man demnach die Arbeit im Ehrenamt zeitlich besser bewältigen. Dennoch habe das einen Teil der Probleme verursacht, ergänzte König. Der zurückgetretene Chefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf etwa habe allein den Dienstvertrag der Intendantin ausgehandelt, und seine mündliche Berichterstattung sei oftmals unzureichend gewesen.
Bauprojekt im Fokus
Wolf sei auch Berichterstatter für das Digitale Medienhaus gewesen, sagte König. Das Bauprojekt liegt auf Eis wegen der Vorwürfe der Vetternwirtschaft gegen die inzwischen abberufene Intendantin Patricia Schlesinger und Chefkontrolleur Wolf. In der Kritik stehen umstrittene Beraterverträge für das Bauprojekt.
Brandstäter: rbb hat "kein Bonussystem"
Schlesinger erhielt auch eine kräftige Gehaltserhöhung um 16 Prozent auf 303.000 Euro plus bislang nicht veröffentlichte Boni. Der Sender hält das Bonus-System bislang unter Verschluss.
Der geschäftsführende Intendant, Hagen Brandstäter, sagte in der Landtagssitzung dagegen: "Im rbb gibt es kein Bonus-System". Es gebe aber außertarifliche Arbeitsverträge, die variabel vergütet werden. Für die Führungsebene gebe es Ziele, die bei Erreichen zu einem höheren Gehalt führten. "Der Grundgedanke dabei ist, dass die obere Führungsebene an einer Zielerreichung gemessen werden muss", sagte Brandstäter. Die Ziele von Schlesinger seien von ihr direkt mit dem Ex-Verwaltungsratschef Wolf vereinbart worden.
König, die nach Wolfs Rücktritt nun die amtierende Chefkontrolleurin ist, sagte, sie versuche seit Tagen vergeblich, im Sender an die Unterlagen zu den Vereinbarungen zwischen Schlesinger und Wolf zu kommen. Schlesingers deutliche Gehaltserhöhung habe sie aber nicht als kritisch eingestuft.
Ziel: Kosten sparen
Bei den Zielen für Führungskräfte ging es laut Brandstäter etwa um Kosteneinsparungen im Programm. So war beim rbb zuletzt die TV-Sendung "Zibb" am Vorabend gestrichen worden. Zudem sei es um Reichweite im Programm gegangen. Auch die Fahrzeugflotte des Senders möglichst mit E-Antrieben zu versehen, sei ein typisches Ziel gewesen.
Man arbeite nun "intensiv an der Aufklärung" aller Vorgänge, sagte er. Die Abberufung Schlesingers am Montagabend sei ein wichtiger Schritt gewesen, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Die außerordentliche Beendigung des Dienstvertrags müsse nun der rbb-Verwaltungsrat vollziehen.
"Schlesinger befindet sich in einem Paralleluniversum"
Zuvor hatte der stellvertretende Vorsitzende des Rundfunkrats, Dieter Pienkny, der ehemaligen Intendantin fehlendes Schuldbewusstsein bereits vorgeworfen. "Ich hatte das Gefühl, Frau Schlesinger befindet sich in einem Paralleluniversum", sagte Pienkny im rbb über den Auftritt der Ex-Intendantin bei der Rundfunkratssitzung am Vortag.
So habe Schlesinger zwar alle Erfolge der vergangenen Jahre unter ihrer Führung aufgezählt. Zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen etwa mit Blick auf ihre eigene Gehaltserhöhung angesichts eines rigiden Sparkurses im Sender habe sie sich aber nicht geäußert.
"Ein großer Schaden über den rbb hinaus"
Die Koordinatorin der Länder-Rundfunkkommission, Heike Raab, fordert vom rbb derweil die Aufklärung von umstrittenen Bonus-Zahlungen. Die rheinland-pfälzische Medienstaatssekretärin, die die wichtigste Medienpolitikerin der Bundesrepublik ist, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Der rbb und seine Gremien müssen alle Vorwürfe und Kritikpunkte, zum Beispiel Vergaben und Bonizahlungen lückenlos aufklären. Insgesamt brauchen wir mehr Kontrolle, Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit bei Transparenz und Compliance." Die SPD-Politikerin ergänzte: "Denn es ist ein großer Schaden über den rbb hinaus entstanden."
Die inzwischen abberufene Intendantin Patricia Schlesinger, die auch vom ARD-Vorsitz zurücktrat, sieht sich seit Ende Juni Vorwürfen der Vetternwirtschaft ausgesetzt. Neben der kräftigen Gehaltserhöhung gibt es noch Vorwürfe um einen luxuriöser Dienstwagen und die Verköstigung von Gästen in der Privatwohnung auf rbb-Kosten. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt, zudem läuft eine unabhängige externe Untersuchung.