Bundesgerichtshof Schimmelrisiko kein Grund für Mietkürzung
Allein die Gefahr, dass sich in einer alten Wohnung Schimmel bilden kann, ist kein Grund, die Miete zu kürzen. Der Bundesgerichtshof stärkte mit dieser Entscheidung den Standpunkt der Vermieter.
Das Urteil ist wichtig für alle Mieter, die ältere Wohnungen gemietet haben. Gerade bei älteren Wohnungen besteht oft die Gefahr, dass sich an den Wänden Schimmel bildet, weil eine moderne Wärmedämmung fehlt. Nur weil Schimmel droht, dürfen Mieter die Miete aber nicht kürzen, so der Bundesgerichtshof.
Im konkreten Fall ging es um zwei Wohnungen, die 1968 und 1971 gebaut wurden. Die Mieter wollten die Miete kürzen. Begründung: Die Bausubstanz sei nicht mehr zeitgemäß. Es gebe wärmetechnische Schwachstellen an den Außenwänden. Dies könne in der kalten Jahreszeit jederzeit zu Schimmelbildung führen.
Vergleich mit Arztbesuch
Deshalb sei eine Mietminderung gerechtfertigt, sagte der Rechtsanwalt der Mieter, Volkert Vorwerk. "Wenn Sie die Gefahr einer Erkrankung sehen, gehen Sie auch zum Arzt und stellen die Ursache für die Erkrankung ab. Nicht anders geht es im Wohnbereich: Wenn ich dort sehe, dass sich Schimmelpilz bilden wird - wenn ich die Wohnung weiterhin so lasse wie sie ist - dann ist die latente Gefahr ein Umstand, der einen Mangel begründen kann."
Die Vorinstanz, das Landgericht Lübeck, hatte dies ähnlich bewertet. Die Gefahr einer Schimmelbildung stelle einen Mangel dar. Mietern dürfte auch nicht zu viel abverlangt werden, etwa beim Lüften, um der Schimmelbildung vorzubeugen. Mehr als zweimal Stoßlüften von bis zu zehn Minuten pro Tag sei nicht zumutbar, so das Landgericht Lübeck.
Drohender Schimmel ist kein Grund, die Miete zu mindern.
BGH kassiert Entscheidung der Vorinstanz
Der Bundesgerichtshof hat diese Entscheidung aufgehoben und anders geurteilt. BGH-Presserichterin Dietlind Weinland erklärte: "Der Mieter einer älteren Wohnung ohne Wärmedämmung kann die Miete nicht deshalb mindern, weil in den Außenwänden sich Wärmebrücken bilden und deswegen die Gefahr einer Schimmelbildung besteht."
Nach Ansicht des BGH muss vor allem berücksichtigt werden, dass die älteren Wohnungen im Einklang mit den damals geltenden Bauvorschriften errichtet wurden - als es noch keine strengen Vorschriften zur Wärmedämmung gab wie heute.
"Der Mieter kann nur einen solchen Wohnstandard erwarten, den die Wohnung zum Zeitpunkt ihrer Errichtung auswies. Wenn er also eine ältere Wohnung gemietet hat, die damals üblicherweise nicht gedämmt wurde, kann der Mieter keinen Neubaustandard erwarten. Das heißt: Er muss auch mit Wärmebrücken leben und dem Ganzen durch ausreichendes Lüften begegnen", ergänzte Weinland.
Mehrmaliges Lüften zumutbar
Wie oft der Mieter lüften muss, hängt laut BGH immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Auch mehrmaliges Lüften der Wohnung sei durchaus zumutbar, um die Bildung von Schimmel zu verhindern. Der Vermieter einer älteren Wohnung sei gegenüber dem Mieter auch nicht verpflichtet, nachträglich für eine moderne Wärmedämmung zu sorgen.
Damit bleibt der BGH bei seiner bisherigen Rechtsprechung für den Fall, dass sich Mieter und Vermieter über bauliche Standards streiten: Es sind immer diejenigen Vorschriften maßgeblich, die galten, als das Haus oder die Wohnung gebaut wurden.
Aktenzeichen: VIII ZR 271/17 und VIII ZR 67/18