Der Sitz des Thüringer Rechnungshofes.

Thüringen Posten-Affäre: Erste Ermittlungen gegen Landesregierung eingestellt

Stand: 24.07.2024 06:55 Uhr

Monatelang ist die Justiz dem Verdacht nachgegangen, bei der Besetzung von Staatssekretärsposten könnte die Landesregierung gegen geltendes Recht verstoßen haben. Nun sind diese Ermittlungen beendet, andere laufen jedoch weiter. Die Oppostion hält ihre Vorwürfe weiter aufrecht.

Von MDR THÜRINGEN

Die Staatsanwaltschaft Erfurt hat Ermittlungen in der Staatssekretärs-Affäre gegen die Thüringer Landesregierung eingestellt. Dies geht aus einem Schreiben der Behörde hervor, das der Nachrichtenagentur "dpa" vorliegt.

Bei den Ermittlungen ging es um den Verdacht, Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) oder die Minister seines Kabinetts könnten sich der Untreue zum Nachteil des Freistaats schuldig gemacht haben, als sie Staatssekretäre ernannt hatten, die angeblich keine ausreichenden Qualifikationen für diese Ämter vorzuweisen hatten.

Nach Informationen der Nachrichtenagentur wurde das Verfahren eingestellt, weil keine strafrechtlich relevanten Handlungen festgestellt worden seien. Weitere Ermittlungen zur Besetzung von beispielsweise Büroleiter-Stellen oder anderen Leitungsposten laufen noch.

Bodo Ramelow (r., Die Linke), Ministerpräsident von Thüringen, und Benjamin-Immanuel Hoff (l., Die Linke), Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei von Thüringen, während der Sitzung des Thüringer Landtags.

Ministerpräsident Bodo Ramelow (rechts), hier mit Staatskanzlei-Chef Benjamin-Immanuel Hoff (beide Linkspartei), zeigt sich erleichtert über die eingestellten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. (Archivfoto)

Ramelow zeigt sich erleichtert

Ramelow reagierte erleichtert. "Es ist kein Ansatz einer strafrechtlichen Relevanz zu sehen", sagte er in Erfurt. Es habe keine schwere Pflichtverletzung und auch keine Untreue gegeben. 

Aussagen vor Posten-U-Ausschuss

Ausgangspunkt für die Ermittlungen war ein Prüfbericht des Landesrechnungshofes zur Personalpolitik der rot-rot-grünen Landesregierung. Darin wird unter anderem beanstandet, dass bei der Einstellung etwa von Staatssekretären die Bestenauslese nicht beachtet und Dokumentationspflichten verletzt worden seien.

Der Landesrechnungshof wirft der Landesregierung darin systematische und schwerwiegende Verstöße gegen Regeln zur Einstellung von Beamten vor.

Ramelow nennt Kriterien lebensfremd

Ramelow und sein Staatskanzleichef Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) räumten Versäumnisse etwa bei den Dokumentationspflichten ein, wiesen aber die Vorwürfe im Kern zurück. Die Landesregierung beharrte auf einer anderen Rechtsauffassung als der Rechnungshof. 

Ramelow bekräftigte nun, es sei lebensfremd, wenn Staatssekretäre alle beamtenrechtlichen Voraussetzungen in jedem Detail, etwa dem Lebensalter, erfüllen müssten. Es habe sich um eine "ungewöhnliche Einschätzung des Rechnungshofes" gehandelt, auch mit Blick auf die Praxis der anderen Landesregierungen und der Bundesregierung, so der Ministerpräsident.

CDU und FDP halten an Vorwürfen bei Posten-Affäre fest

CDU und FDP im Thüringer Landtag erhalten dagegen ihre Vorwürfe gegen die Landesregierung aufrecht. Dass die rot-rot-grüne Landesregierung Staatssekretäre offenbar nicht nach Qualifikation, sondern nach Parteibuch eingestellt habe, sei zwar strafrechtlich nicht relevant. Dennoch sei es ein politischer Skandal, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Andreas Bühl, MDR THÜRINGEN. Dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt habe, habe ihn überrascht, sagte Bühl weiter.

Andreas Bühl (CDU)

CDU-Abgeordneter Andreas Bühl verweist auf weitere, offenbar noch laufende Verfahren in der Posten-Affäre der Thüringer Landesregierung. (Archivfoto)

Allerdings werde offenbar weiterhin wegen der Einstellung von 64 leitenden Mitarbeitern durch die Landesregierung ermittelt, und das sei der weit größere Fall, sagte Bühl.

Auch der FDP-Gruppenchef Thomas Kemmerich sprach von einem moralisch verwerflichen Verhalten der Landesregierung.

MDR (gh/dpa)