Tierschutz: Die Tattoo-Angels kümmern sich um Hunde

Thüringen Thüringer baut Domizil für gefährliche Hunde und entlastet Tierheime

Stand: 24.07.2024 18:10 Uhr

Lars Luck und seine "Tattoo-Angels" planen in der Nähe von Zella-Mehlis ein ganz besonderes, privates Tierheim. Ein Domizil für bis zu 100 schwer oder gar nicht vermittelbare Hunde soll auf dem Gelände einer ehemaligen Ferienanlage entstehen - ganz ohne Fördermittel.

Von Bettina Ehrlich, MDR THÜRINGEN

Der Rottweiler-Rüde Alf sitzt seit dem 12. Juli 2022 im Ilmenauer Tierheim. Der Pitbull-Mix Pitty sogar schon seit dem 30. Mai 2021. Die beiden Hunde sind zwei von insgesamt hunderten Langzeit-Insassen in Thüringer Tierheimen mit schlechten Chancen auf Vermittlung.

"Seit zwei, drei Jahren hat das Problem massiv zugenommen", bestätigt Ina Schmidt. Sie leitet das Tierheim Ilmenau und hat die Dramen um Alf und Pitty live miterlebt. Beide Hunde sind jeweils nach Beißattacken vom Amt eingewiesen worden. Das Problem, so die Tierheim-Chefin, hänge jedoch am anderen Ende der Leine.

Tierheime in Thüringen überfüllt

Problemhunde blockieren Plätze in Tierheimen

"Viele Menschen halten sich Hunde, mit denen sie nicht klarkommen. Die landen dann hier bei uns, obwohl wir dafür eigentlich gar nicht zuständig sind", so Schmidt. Denn eigentlich hätten sich Tierheime um Fundtiere zu kümmern. Oft und immer häufiger jedoch müssten sie ausbaden, was andere verzapfen. Solche Problemhunde blockieren die Plätze für andere in Not geratene Tiere.

Viele Menschen halten sich Hunde, mit denen sie nicht klarkommen. Die landen dann hier bei uns, obwohl wir dafür eigentlich gar nicht zuständig sind. Ina Schmidt | Tierheim Ilmenau

In der Nähe von Zella-Mehlis sollen Langzeitinsassen wie Alf und Pitty bald ein besseres Leben bekommen. Lars Luck aus Viernau ist mit den "Tattoo-Angels" schon seit Jahren nicht nur in Deutschland, sondern europaweit unterwegs. Sie sind eine Initiative des Vereins "Menschen - Herz 4 Tiere" e.V., der sich Tätowierer aus ganz Deutschland angeschlossen haben.

Tierschutz: Die Tattoo-Angels kümmern sich um Hunde

Lars Luck (rechts) und Hagen Döll wissen genau, wieviel Arbeit hier vor ihnen liegt.

Im Tierheim Suhl haben die Tierschützer beispielsweise eine neue Zwingeranlage gebaut. Das Geld für solche Projekte kommt bei Tätowier-Aktionen zusammen. Die Künstler spendieren ihre Gage. Über den Verein betreibt Luck auch eine Tiertafel. Die Futterspenden gehen an besonders bedürftige Tierheime.

Betriebsferienlager wird besonderes Domizil

Von einer eigenen Anlage für den Verein träumt Luck schon lange. Die Suche nach einem geeigneten Gelände war aber schwierig. Zweimal schon scheiterte das Ganze, weil die Behörden ihre Genehmigung verweigerten oder Leute keine Hunde in der Nachbarschaft wollten. Mit dem einstigen DDR-Betriebsferiengelände am Waldrand scheint Luck den nahezu perfekten Ort für seine Pläne gefunden zu haben.

Tierschutz: Die Tattoo-Angels kümmern sich um Hunde

Keine Nachbarn und viel Platz - das Gelände hier ist ideal für Luck.

"Das Gelände hier ist optimal, 20.000 Quadratmeter Platz und keine Nachbarn." Luck zeigt auf eine abschüssige Wiese. Hier sollen unter anderem seine beiden Wolfshybriden großzügigen Auslauf bekommen. Die Tiere sind illegal gezüchtet worden und vor zwei Jahren bei Luck gelandet.

Das Gelände hier ist optimal, 20.000 Quadratmeter Platz und keine Nachbarn. Lars Luck |

Er hält sie zwar auch in einem großzügigen Gehege, aber mitten in Viernau. "Wenn die loslegen und mich rufen oder gemeinsam den Mond anheulen, finden die einen das romantisch, die anderen gehen auf die Barrikaden. Hier stören wir keinen".

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Auch Wolfshybride Loki soll auf dem neuen Gelände wohnen. Mit viel Platz und Ruhe.

Rudelhaltung statt Einzelhaft für die Hunde

Luck hat genaue Vorstellungen, wie die Tiere künftig gehalten werden. Die Bungalows mit noch guter Substanz werden zu Zwingern umgebaut. "Aber so, dass wir hier Rudelhaltung machen können". Und ganz wichtig sei ein großzügiger Auslauf.

Die Hunde sollen hier ihrem Wesen entsprechend gehalten werden. "Die Wolfshybriden beispielsweise brauchen ihre Ruhe, sie müssen sich zurückziehen können. Gleichzeitig brauchen sie den Austausch mit den Artgenossen", so Luck.

Das hier werde ein ganz besonderes Tierheim. "Wir verstehen uns als Unterstützung – wir können sagen, okay wir nehmen euch die Langzeitinsassen ab und ihr könnt euch wieder um eure eigentlichen Aufgaben kümmern."

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Bis aus dem ehemaligen Ferienlager ein Hundeparadies wird, dauert es sicher noch.

Noch laufen allerdings die Bauarbeiten. Luck schätzt, dass allein das Baumaterial bis zu 250.000 Euro kostet. Bis auf die Elektrik wollen die Tierschützer alles selbst bauen. Zwischen 60 und 100 Tiere sollen hier einmal leben. Wie viele aufgenommen und betreut werden könnten, hänge auch von den Finanzen ab. "Wir werden uns auf keinen Fall übernehmen."

Wir verstehen uns als Unterstützung – wir können sagen, okay wir nehmen euch die Langzeitinsassen ab und ihr könnt euch wieder um eure eigentlichen Aufgaben kümmern. Lars Luck |

Tattoos stechen für den Tierschutz

Luck und seine Mitstreiter wollen völlig ohne Fördergeld auskommen. "Wenn wir das machen, würden wir den anderen Tierheimen Geld wegnehmen und das möchten wir verhindern." Deshalb heißt es Spenden sammeln, Spenden sammeln, Spenden sammeln.

Die nächste große Gelegenheit dafür ist beim Stadtfest in Schmalkalden. "Tattoo meets Tierschutz" heißt das Event der Tattoo-Angels in der Schmalkaldener Totenhofkirche vom 16. bis 18. August.

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Unermüdlich sucht Lars Luck nach Mitstreitern.

Laut Luck haben sich da viele richtig gute Tattoo-Künstler angesagt. Neben Tattoos sind auch Piercings möglich, mehrere Bands treten auf. Auch Kleidung und Schmuck werden verkauft. Der Erlös soll komplett in das neue Tierheim fließen.

MDR (gh)