Schleswig-Holstein FSG-Nobiskrug: Frieren, Frust und viele Fragen
Die Mitarbeiter der FSG-Nobiskrug-Werften in Flensburg und Rendsburg mussten nach zwei Wochen Freistellung wieder zur Arbeit. Sie hätten nichts zu tun, erzählen sie, es sei dreckig und kalt.
Mit gemischten Gefühlen kehrten die Mitarbeiter der FSG-Nobiskrug-Werften am Dienstag an ihre Arbeitsstätten in Rendsburg (Kreis Rendsburg-Eckernförde) und Flensburg zurück. "Einerseits hat man sich natürlich gefreut, weil das ist ja eigentlich ein Zeichen, dass es weitergehen soll", sagt Timo Rock, der in der Flensburger Werft arbeitet. "Aber andererseits war von vornherein klar, dass man heute hier hinkommt und es geht so weiter wie vorher - nämlich mit nix machen."
Rock arbeitet im Bereich Abfall auf der Werft - und hat als einer der Wenigen immerhin etwas zu tun: "Der Müll wird nicht mehr abgeholt, schon seit längerem, und stapelt sich jetzt überall. Und jetzt kann ich eigentlich immer von A nach B fahren." Er sei froh, beschäftigt zu sein und sich nicht wie andere von morgens bis abends einen Kopf zu machen, wie es weitergeht.
Nichtstun - eine enorme psychische Belastung
Dieses Nichtstun sei eine enorme psychische Belastung, sagt auch der Flensburger FSG-Betriebsrat Jan Brandt. Die zwei Wochen Freistellung hätten einigen Kollegen deswegen sehr gut getan, um von dieser "Nichtstuerei" Abstand zu gewinnen. Viele Kollegen wären am Morgen der Rückkehr deutlich gelassener gewesen als vor der Freistellung.
Als Grund für die Freistellung hatte die Geschäftsleitung der FSG-Nobiskrug-Werften angegeben, dass die sanitären Anlagen nicht mehr gereinigt werden. Damit ist laut Betriebsrat Brandt am Montag immerhin wieder begonnen worden. "Die Frauen der Reinigungsfirma haben auch letzte Woche ihre eigene Kündigung erhalten, von ihrer eigenen Firma, die aber zum Glück dann jetzt wieder zurückgenommen worden ist."
Kein Geld für Reinigung - deutliches Zeichen für Finanzprobleme
Ein Insolvenzexperte erklärte auf Nachfrage von NDR Schleswig-Holstein, dass es ein klares Warnsignal für enorme Liquditätsschwierigkeiten sein kann, wenn kleinere Dienstleister, wie zum Beispiel Reinigungsfirmen, von Unternehmen nicht fristgerecht bezahlt werden: Die Strategie dabei sei, dass Unternehmen bei Geldproblemen anfangen würden, die Letzten in der Nahrungskette am langen Arm zu halten, wie kleine Zulieferer und Dienstleister.
Denn Buchhaltung und Geschäftsführung größerer Unternehmen wüssten ganz genau, was passiert, wenn für Forderungen von Finanzamt, Krankenkassen und Banken kein Geld mehr da ist: Kommt es dort zu Zahlungsausfällen, wäre ein Insolvenzverfahren kaum noch abzuwenden. Denn Finanzämter, Krankenkassen und Banken könnten selbst Insolvenzanträge stellen - und die seien in der Regel nicht zimperlich, so der Insolvenzexperte. Für kleinere Unternehmen sei der Weg deutlich langwieriger und schwieriger.
Dreckige Toiletten auch in Rendsburg
In Rendsburg zeichnet sich ein ähnliches Bild wie in Flensburg: "Heute Morgen war bei uns ganz schön Action im Büro, weil alle ankamen von wegen: Toiletten nicht gemacht, Heizung geht nicht - und vor allem: Was sollen wir hier?", sagt Jörg-Werner Klein, zweiter Betriebsrat der Nobiskrug-Werft in Rendsburg. Zu tun gibt es so gut wie nichts: "Man kann nur ein bisschen Instandsetzung machen oder aufräumen. Dann war es das." Für die Kollegen, bei denen die Heizungen kalt geblieben sind, sei das ein hartes Brot.
Wir wollen ja, dass es hier irgendwie weitergeht. Aber mit Windhorst? Das wird wohl nichts, da bin ich ganz fest davon überzeugt."
— Jörg-Werner Klein, zweiter Betriebsrat der Nobiskrug-Werft in Rendsburg
Mitarbeiter in Rendsburg: "Wir haben das nicht verdient"
Für Betriebsratsmitglied Hasan Duygulu ist die Stimmung wie das Wetter am Dienstag: "Es sieht nicht gut aus, das Wetter ist grau, wir sind schlecht gestimmt im Moment." Die Geduld sei bei den meisten schon am Ende. Dass das Geld für die Löhne verspätet eingegangen ist, sei nicht das, was sie eigentlich möchten: "Wir möchten, dass das hier weitergeht. Ich bin seit 1995 hier angestellt und würde gerne bis zu meiner Rente hier arbeiten. Und wir sind eine tolle Werft, die eigentlich Besseres verdient als das, was wir hier gerade von Herrn Windhorst geliefert bekommen." Die Mitarbeiter der Werften hätten das nicht verdient. "Er soll uns entweder wieder stark machen mit Investitionen oder sehen, dass wir halt andere Möglichkeiten bekommen, die er zulässt." Von der Sanierung des Unternehmens, von dem die Geschäftsleitung spricht, würden sie allerdings nicht viel mitbekommen.
Aus der Geschäftsführung der FSG-Holding heißt es zu den aktuellen Entwicklungen erneut: "Wir arbeiten weiterhin an unserem Plan zur Sanierung der Werften. Wenn es etwas zu verkünden gibt, werden wir uns öffentlich äußern. Es bleibt dabei, dass wir uns an der aktuellen Diskussion nicht beteiligen." Am Mittwoch beschäftigt sich der Wirtschaftsausschuss im Schleswig-Holsteinischen Landtag mit der Schieflage der FSG-Nobiskrug Werften. Unter anderem will sich auch Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) zur aktuellen Lage äußern.
Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Schleswig-Holstein Magazin | 05.11.2024 | 19:30 Uhr