Hundertwasserschule Wittenberg von außen.

Sachsen-Anhalt Teures Kunstwerk: So geht die Sanierung der Wittenberger Hundertwasserschule voran

Stand: 23.07.2024 18:46 Uhr

Im Wittenberger Luther-Melanchthon-Gymnasium – weithin bekannt als Hundertwasserschule – werden rund 1.000 Schüler unterrichtet. Der weltberühmte Künstler Friedensreich Hundertwasser hatte die Plattenbauschule Typ Erfurt einst umgestaltet. Heraus kam ein spektakuläres, kunterbuntes Gebäude. Doch jetzt ist die Schule auch noch eine Baustelle. Sie soll auf einen modernen digitalen Stand gebracht werden. Die Bauarbeiten in der Platte gehen ins Geld.

Von André Damm, MDR SACHSEN-ANHALT

Die Schulferien in Sachsen-Anhalt neigen sich dem Ende zu, und da kommen die Handwerker in der Wittenberger Hundertwasserschule zusätzlich ins Schwitzen. Denn in den vergangenen Wochen konnten sie ziemlich ungestört von Schülern und Lehrern bohren und schrauben, schneiden und verputzen, Kabel ziehen und malern. Mit diesen Arbeitsbedingungen ist es dann im August wieder vorbei, wenn der normale Schulbetrieb einsetzt und die Bauarbeiten nahtlos fortgesetzt werden.

Denn die Sanierung eines DDR-Plattenbaus ist ein kompliziertes Unterfangen, berichtet Wittenbergs Landrat Christian Tylsch (CDU). Der Landkreis ist als Schulträger zuständig für das Luther-Melanchthon-Gymnasium, also für die Hundertwasserschule. "Diese Schulsanierung ist ein richtig großer Brocken. Acht Millionen Euro müssen wir in die Hand nehmen. Denn wir haben während des Baugeschehens festgestellt, dass die Gebäudesubstanz schlechter ist als vermutet. Wir mussten zum Beispiel sämtliche Fußböden rausnehmen", sagt Tylsch.

Kompliziertes Mammutprojekt

In der Tat sind die Fußböden ein gutes Beispiel dafür, wie Bauschätzungen bei einem Gebäude aus dem 1970-er Jahren abweichen können. Ursprünglich war der Landkreis davon ausgegangen, lediglich in vier oder fünf Räumen die Fußböden zu erneuern. Nun betrifft es das gesamte Schulgebäude. Einher gehen das Aufbringen von Estrich und das Verlegen neuer Bodenbeläge.

Landrat Christian Tylsch an Schreibtsich.

Landrat Christian Tylsch (CDU) muss für die Sanierung acht Millionen Euro investieren.

Es ist die Vielzahl an Arbeiten, die die Schulsanierung zu einem Mammutprojekt machen. Kathrin Wackernagel ist die Chefin für das technische Gebäudemanagement im Landkreis Wittenberg und häufig auf der Baustelle Hundertwasserschule anzutreffen. Sie listet auf, was hier alles passiert: beginnend vom Brandschutz über die Sanitäranlagen, Wasserleitungen bis hin zu neuen Fachkabinetten. Und natürlich die Digitalisierung.

"Das ist schon kompliziert, allein wegen der vielen Leitungen, die zu verlegen sind. Da kommen sicherlich mehrere Kilometer zusammen. Wir können jetzt nicht überall die Decken aufmachen, das gibt die Statik nicht her. Das Tragsystem ist ausgereizt", sagt Wackernagel.

Mangelhafte Bauqualität aus DDR-Zeiten

Deshalb müssen viele Kabel Aufputz verlegt werden, bleiben somit an Wänden und Decken sichtbar. Ästhetisch ist das nicht die beste Lösung, es war aber in der einstigen Wittenberger Plattenbauschule nicht anders machbar. Das hängt mit der besonderen Geschichte des Gebäudes zusammen. Laut Kathrin Wackernagel wurde die Schule in den Jahren 1972/1973 errichtet. Der Grund lag auf der Hand: Kinder in den neu geschaffenen Wohngebieten Völkerfreundschaft und Befreiung sollten vor Ort unterrichtet werden.

Leiter unter Deckenlöchern in Schulflur.

Mehrere Kilometer Leitungen müssen neu verlegt werden.

Dass viele DDR-Platten in Rekordzeit entstanden, dürfte für die Bauqualität nicht vorteilhaft gewesen sein. Ende der 1990-er Jahre gab es dann die erste Generalsanierung. Für mehr als zehn Millionen D-Mark wurde der Schulkomplex nach dem Vorbild des weltberühmten Künstlers Friedensreich Hundertwasser umgestaltet. Es entstand eine Schule der anderen Art, mit bunten Fließen an der Fassade, Gärten auf den Dächern, Kuppeltürmchen, Säulen und Fenstern, aus denen Bäume wachsen.

Solch ein Kunstwerk muss man immer in Beobachtung haben. Kathrin Wackernagel | Chefin des technischen Gebäudemanagements

Das ist schon schön, findet die Bauexpertin des Landkreises, Kathrin Wackernagel, aber auch pflege- und kostenintensiv: "Mal sind die Fließen abgefallen, mal hatten wir Wasserschäden. Solch ein Kunstwerk muss man immer in Beobachtung haben."

Zusätzlich hat auch die in Wien ansässige Privatstiftung Hundertwasser ein Auge drauf, wenn es um das künstlerische Erbe des Architekten geht. Jetzt beim Innenausbau bleiben die kreativen Hinterlassenschaften des Künstlers aber nahezu unberührt.

Bauende erst 2026

Schulleiterin Anja Aichinger weiß, dass jede große Baumaßnahme eine Gratwanderung ist. Was sie motiviert, ist das Ziel: die Hundertwasserschule zu einer dauerhaft modernen Schule zu machen: "Digitalisierung ist eine Grundvoraussetzung für einen modernen Unterricht. Deshalb müssen wir unsere Infrastruktur anpassen. Wir sind dankbar, dass so viel Geld in diesen Standard investiert wird."

Farbeimer und Bauarbeiter in Schulflur.

Erst 2026 sollen die Baumaßnahmen beendet sein.

Doch dafür müssen auch Lehrer und Schüler erhebliche Opfer bringen, vor allem Lärm, Schmutz und gesperrte Bereiche in Kauf nehmen. Denn der Zeitplan ist aufgrund mehrerer zusätzlicher Arbeiten und damit einhergehender Ausschreibungen aus den Fugen geraten. Nach dem Baustart Anfang 2023 war geplant, dass Ende dieses Jahres die Sanierung der Wittenberger Hundertwasserschule abgeschlossen werden kann. Aktuell rechnet der Landkreis Wittenberg als Schulträger mit einem Bauende Mitte 2026.

"Das schaffen wir auch noch", sagt Schulleiterin Aichinger.

MDR (André Damm, Lucas Riemer)