Sachsen-Anhalt Prüfer: Erhebliche Mängel bei LKA-Waffensammlung
Das LKA hätte seine Vergleichwaffensammlung öfter überprüfen müssen, haben Kontrolleure des Landesrechungshofes festgestellt. Es hätten "höchste Sorgfalts- und Kontrollpflichten" gelten müssen. Das zuständige Ministerium wiegelt ab.
Prüfer des Landesrechnungshofes haben bei einer Kontrolle der Vergleichswaffensammlung "erhebliche Organisations- und Strukturmängel" festgestellt. Das hat ein Sprecher des Rechnungshofs am Mittwoch erklärt. Demnach hätten die Bestände mindestens alle zwei Jahre geprüft werden müssen.
Stichwort: Vergleichswaffensammlung
Die Vergleichswaffensammlung des LKA wird für die Kriminaltechnik und zu Ausbildungszwecken genutzt. Sie sollen der Kriminalpolizei beispielsweise helfen, herauszufinden, ob die am Tatort gefundene Hülse zur Waffe des Täters passt.
Landeskriminalamt (LKA) und Innenministerium hätten im geprüften Zeitraum von sechs Jahren aber keine Geschäftsprüfungen der Vergleichswaffensammlung vorgenommen. "Nach unserer Auffassung müssen in diesem sensiblen Bereich höchste Sorgfalts- und Kontrollpflichten gelten, um die Sicherheit der Bediensteten sowie der Waffen und der Munition zu gewährleisten", so der Sprecher.
Nach unserer Auffassung müssen in diesem sensiblen Bereich höchste Sorgfalts- und Kontrollpflichten gelten, um die Sicherheit der Bediensteten sowie der Waffen und der Munition zu gewährleisten. Sprecher des Landesrechnungshofs |
Bereits vor der Prüfung durch den Landesrechnungshof hatte das LKA im Mai knapp 70.000 Schuss Munition und mehr als 100 nicht mehr benötigte Gegenstände aus der sogenannten Vergleichswaffensammlung vernichtet. In diesem Zuge war bekanntgeworden, dass für viele Waffen und Munition keine erforderlichen Genehmigungen oder Verfügungen vorlagen. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe war beim LKA eine Überprüfung der Vergleichswaffensammlung eingeleitet worden. Viele der Gegenstände wurden inzwischen vernichtet.
Waffen hätten nicht verliehen werden dürfen
Das Landeskriminalamt hatte Waffen aus der Sammlung in den vergangenen Jahren zudem an andere Behörden ausgeliehen. "Nach unserer Auffassung war das Verleihen unzulässig, da die Vernichtung der Waffen angeordnet war", sagte am Mittwoch der Sprecher des Landesrechnungshofs. "Die Aufnahmeanordnungen der Staatsanwaltschaften gestatteten es zwar, die für die Vernichtung vorgesehenen Waffen in die Vergleichswaffensammlung des Landeskriminalamtes aufzunehmen, nicht jedoch diese weiterzuverleihen."
Die Waffen waren unter anderem an die Fachhochschule Polizei in Aschersleben gegangen. Bei einer Prüfung hatte der Landesrechnungshof dort ein "erhebliches Sicherheitsrisiko" festgestellt. Im Kern ging es um Abweichungen im Waffenbestand. Es handele sich um schussfähige und um nicht schussfähige Waffen, hieß es. In dem Zusammenhang war Anzeige gegen unbekannt erstattet worden. 50 Waffen wurden zur Sachfahndung ausgeschrieben.
Innenministerium: Angelegenheit ist erledigt – Widerspruch aus Koalition
Im Magdeburger Innenministerium erkennt man im Prüfbericht des Rechnungshofes keine Neuigkeiten. Das LKA habe "von März bis Ende Juli 2024 alles selbst intensiv geprüft, aufgearbeitet und alle nötigen Schlüsse gezogen", teilte die Sprecherin von Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) MDR SACHSEN-ANHALT mit. Ein entsprechender Bericht sei im Landtag erörtert worden. "Daraufhin hat der Landtag diesen Sachverhalt für erledigt erklärt", so die Sprecherin weiter.
Der Koalitionspartner SPD sieht das anders: Er verlangt eine Debatte im Innenausschuss des Landtages über die Ergebnisse des Prüfberichts. Rüdiger Erben, innenpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, teilte mit: "Es bestätigt sich leider wieder einmal, dass der Glaube an die segensreiche Wirkung immer neuer ministerieller Erlasse nicht trägt, wenn sie ignoriert werden und niemand ihre Einhaltung kontrolliert."
Opposition beklagt strukturelle Versäumnisse
Die Grünen kritisieren die Innenministerin: "Jetzt ist es amtlich: In Sachsen-Anhalts Polizei gab es bei der Aufbewahrung von Waffen in der Vergleichssammlung des Landeskriminalamtes über Jahre strukturelle Versäumnisse", sagte der innenpolitische Sprecher Sebastian Striegel. "Die Verantwortung dafür trägt Innenministerin Zieschang." Sie müsse nun aufzeigen, wie solche strukturellen Mängel zukünftig verhindert werden könnten.
Die Innenpolitikerin Henriette Quade (fraktionslos) sagte, es sei "unfassbar", über sechs Jahre keine Geschäftsprüfung durchzuführen. "Es bestätigt den bisherigen Eindruck: Wir haben es mit Führungsversagen im Innenministerium zu tun."
dpa, MDR (Lars Frohmüller, Hannes Leonard)